Dass an Land lebende, fliegende Insekten recht wenig mit Fischen gemein haben, wissen selbst Menschen, die keinen Hochschulabschluss in Biologie haben. Bienen sind Insekten und Fische sind eben Fische. In der weit verzweigten Vielfalt des Lebens zwei Bereiche, die alles andere als eine nahe Verwandtschaft haben. Niemand würde auf die Idee kommen in diesem Fall zu behaupten, dass Bienen auch nur annähernd mit Fischen verwandt sind oder gar selbst Fische sind, oder?

Sind Bienen in Wirklichkeit aquatisch lebende Fische?

Nun, so absurd es auch klingen mag, aber ein kalifornisches Gericht hat nun genau das geurteilt: Bienen können nun rechtlich als Fische angesehen werden. Zumindest nach kalifornischem Recht. Wie es zu diesem sonderbaren Urteil kam und warum es sogar sinnvoll ist, bedarf etwas Erklärung.

In diesem speziellen Fall geht es tatsächlich gar nicht um Bienen, sondern um Hummeln. Warum dennoch in den Schlagzeilen überall von Bienen die Rede ist, erklärt sich folgendermaßen: Hummeln (englisch: bumble bees) und Bienen (englisch: bees) werden im englischsprachigen Raum häufig in einen Topf geworfen. Sowohl Hummeln als auch Bienen werden umgangssprachlich als bees (Bienen) bezeichnet. Für viele englischsprachige Menschen sind Hummeln eine Art von Bienen. Da es sich bei dem Gerichtsurteil jedoch um ein Grundsatzurteil handelt, betrifft die neue Rechtsprechung nicht nur Hummeln, sondern ebenso Bienen (und viele andere Tierarten). Es kann also ruhigen Gewissen in diesem Fall von Bienen geredet werden.

Das besagte Urteil, welches am 31. Mai 2022 veröffentlicht wurde, revidiert ein früheres Urteil, nach dem Hummeln nicht als geschützte Spezies im Sinne des California Endangered Species Act angesehen wurden. Hintergrund ist der, dass der Wortlaut dieser Verordnung lediglich den Schutz von „einheimischen Arten und Unterarten von Vögeln, Säugetieren, Fischen, Amphibien, Reptilien und Pflanzen“ vorsieht. Insekten und andere wirbellose Tiere (zu denen auch die Bienen und Hummeln zählen) finden sich nicht in dieser Auflistung und konnten somit zumindest bisher nicht in die Liste der nach dieser Verordnung geschützten Arten aufgenommen werden.

Das kalifornische Gericht urteilte jedoch nun, dass Hummeln unter die Definition des Begriffs „Fisch“ gemäß dieser Verordnung fallen und somit in die Liste der geschützten Spezies aufgenommen werden können. Das Gericht argumentiert wie folgt: Die Verordnung selbst definiert den Begriff „Fisch“ als

ein wilder Fisch, ein Weichtier, ein Krebstier, ein wirbelloses Tier, eine Amphibie oder ein Teil, ein Laich oder eine Eizelle eines dieser Tiere

Da Insekten (und somit auch unsere besagten Bienen und Hummeln) ebenfalls wirbellose Tiere sind, fallen Sie ganz klar unter diese in der Verordnung selbst beschriebenen Definition von Fisch, so das Gericht in seiner Begründung.

Mit dieser Entscheidung hob das kalifornische Gericht ein früheres Urteil vom Bezirksgericht in Sacramento aus dem Jahr 2020 auf, welches entschieden hatte, dass sich diese Definition in der Verordnung lediglich auf maritime Lebewesen beziehe. Wirbellose Tiere könnten somit nur dann als Fisch im Sinne dieser Verordnung angesehen werden, wenn sie im Wasser leben.

Hummel in einer Mohnblüte

Wenn auch die Entscheidung aus dem Jahr 2020 eindeutig von einem logischen Standpunkt mehr Sinn ergibt, so ist das indessen gefällte Urteil definitiv das ökologisch sinnvollere. Hintergrund für das ganze Rechtswirrwarr und das etwas sonderbare Urteil war eine Petition aus dem Jahr 2018, die forderte, dass 4 in Kalifornien vom Aussterben bedrohte Hummelarten in die Liste der geschützten Arten aufgenommen werden, um somit einen besonderen rechtlichen Schutz zu erlangen. Die damalige Entscheidung sorgte jedoch dafür, dass den lokalen Behörden die rechtliche Grundlage fehlte, um diesen besonderen Schutz durchzusetzen. Ihnen waren die Hände gebunden.

Mit dem neuen Urteil aus Kalifornien können die bedrohten Hummelarten nun mit rechtlich solider Grundlage den benötigten Schutz bekommen. Weiterhin öffnet dieses Urteil auch die Möglichkeit, dass zukünftig weitere Arten von an Land lebenden wirbellosen Tieren bei Bedarf mit aufgenommen werden können. Denn nach diesem Urteil ist klar: Alle wirbellosen Tiere sind Fisch genug, um rechtlich als Fisch angesehen zu werden, auch wenn sie an Land leben und eigentlich Insekten sind.

Text: Fabian Kalis

Bilder: www.pixabay.com

Quellen: https://edition.cnn.com/2022/06/06/us/california-bees-fish-court-ruling-scn-trnd/index.html

https://www.reuters.com/legal/litigation/who-knew-bees-are-fish-2022-06-02/