Immer mehr Menschen fangen an, die konventionelle Ideologie des ewigen Wachstums, der Profitmaximierung und der maximalen Ausbeutung sämtlicher Rohstoffe infrage zu stellen und erkennen den Sinn nachhaltiger Ansätze. Sie beginnen die Dinge in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise zu sehen und somit auch ökologische Zusammenhänge zu verstehen und mitzuberücksichtigen, wenn es um die eigenen Entscheidungen geht. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Unter Ihnen finden sich natürlich auch zahlreiche Bauern, Tierfarmer & Hobbytierhalter. Im Rahmen dieser Neuausrichtung des eigenen Blickwinkels besinnen sich viele Menschen wieder auf altes Wissen, auf alte Betriebsweisen, auf all die fast vergessenen Konzepte, die es den Menschen vor der Industrialisierung der Landwirtschaft ermöglichten, eine nachhaltige Bewirtschaftung der Natur zu gestalten.

Ein Aspekt dieser Rückbesinnung ist es, sich wieder mit Gemüse-, Obst- oder Futterpflanzen zu befassen, die im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sind, da sie in der Welt der intensivierten Monokulturen nicht mehr zukunftsfähig waren. Sie brauchen eine nachhaltige Anbaumethode und ein ökologisch ausgewogenes Umfeld, damit sie gedeihen. Etwas wofür in der modernen, konventionellen Landwirtschaft kein Platz ist. In einer Zeit, in der aber langsam ein Sinneswandel in vielen Köpfen vor sich geht und der Sinn und Vorteil nachhaltiger Anbaumethoden wieder einen vermehrten Anklang findet, werden auch die Vorteile der alten Sorten wiedererkannt. Viele dieser alten Sorten besitzen nämlich eine geballte Pflanzenpower, die in modernen Arten und Züchtungen ihres gleichen sucht. So enthalten manche der alten, fast vergessenen Nutzpflanzen eine deutlich höhere Nährstoffkonzentration, einen höheren Eiweiß- oder Zuckergehalt oder sogar heilende Wirkungen. Sie sind in der Regel robuster gegenüber Witterung und Schädlingen und benötigen daher keine Wachstumsverstärker, künstliche Düngemittel oder Herbizide, Fungizide, Pestizide und Neonicotinoide.

Eine dieser fast vergessenen Futterpflanzen ist die Esparsette. Die Esparsetten sind eine Gattung in der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabacae), auch Leguminosen genannt. Viele Pflanzen innerhalb dieser Familie haben eine lange Geschichte der Nutzung als Futterpflanzen und auch moderne Züchtungen einiger weniger Arten machen auch heute noch einen Großteil des Viehfutters in der modernen konventionellen Landwirtschaft weltweit aus. Zu ihnen gehören unter anderem Alfalfa, Lupine, Klee und Sojabohnen. Die Esparsetten kennt heute jedoch kaum noch einer.

Bis zum Beginn der modernen Agrarindustrie war vor allem die Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia) eine beliebte Weide- und Futterpflanze. Sie wurde in Europa seit dem 16ten Jahrhundert großflächig angebaut und diente als nahrhafte und widerstandsfähige Weide- und Futterpflanze. Da sie sich jedoch schlecht in Monokulturen anbauen lässt und sie eine intensiv Nutzung und Überweidung schlecht verträgt, wurde sie in moderner Zeit durch andere Arten wie etwa Alfalfa verdrängt. Wie alle Leguminosen ist auch die Esparsette ein Bodenverbesserer. Leguminosen leben symbiotisch mit stickstoffbindenen Bakterien und sind so in der Lage Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und zu verarbeiten und so im späteren Verlauf dem Boden zuzuführen, wo er dann für andere Pflanzen verfügbar ist. Mit Wurzeln, die bis zu einer Tiefe von 4 Metern hinabreichen, ist die Esparsette ein Tiefwurzler. Der Wuchs dieser Pflanzen lockert somit den Boden bis in tiefe Schichten und wirkt so auf eine weitere Art und Weise Boden verbessernd.

Die Esparsette hat einen sehr hohen Gehalt an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen. Besonders für die eiweißreiche Ernährung von Milchvieh ist sie daher eine geeignete Futter- und Weidepflanze. Aber auch Pferde fressen die nährstoffreichen Pflanzen gerne. Sie sollten jedoch nicht zu viel auf einmal aufnehmen, da ein zu viel an Proteinen sich negativ auf das Verdauungssystem der Pferde auswirken kann.

Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia)

Die Esparsette hat jedoch noch weitere Inhaltsstoffe, die sie in ihrer Wirkung von anderen Pflanzen aus der gleichen Familie unterscheidet: Die Esparsette enthält Tannine. Tannine sind pflanzliche Gerbstoffe. Diese Stoffe binden Wasser, wirken antiseptisch, entzündungshemmend, antiparasitär und blutstillend. Die Esparsette wirkt somit als Futterpflanze vorbeugend gegen Darmparasiten, Durchfallerkrankungen und Kotwasser. Diese Eigenschaft ist es, die die Esparsette wieder vermehrt in das Licht der modernen Futterpflanzen rücken lässt. Ein wieder weitläufiger Anbau auf den ohnehin häufig völlig überweideten Pferdeweiden ist zwar für diese alte Pflanze noch nicht in Sicht, im Pferdebedarfshandel findet man aber zunehmend auch Heucobs (aus getrocknetem Pflanzenmaterial gepresste Pellets) die aus dieser fast vergessenen Futterpflanze hergestellt werden. So haben auch Hobbytierhalter die Möglichkeit ihren Tieren diese Pflanze zur Verfügung zu stellen und die besondere Wirkung für ihre Tiere nutzbar zu machen.

Ihren Namen hat die Pflanze übrigens von dem französischen Wort Esparcet, was übersetzt Süßklee bedeutet und die nahe Verwandtschaft und Ähnlichkeit dieser beiden Pflanzengattungen zum Ausdruck bringt.

Doch nicht nur Pferdehalter und Milchbauern können sich an den positiven Wirkungen dieser alten Nutzpflanze erfreuen, auch die Bienen und andere Nektar sammelnde Insekten lieben die rosa-weiß blühenden Schmetterlingsblüten. Die Esparsette bietet eine große Menge an Nektar und Pollen und ist daher auch als Bienenweide für Imker und als Nahrungsquelle für Wildbienen und andere Insekten eine wichtige Pflanze.

Text: Fabian Kalis

Bildnachweis: Eric Steinert, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons