Die gelb leuchtenden Blüten der Forsythie gehören hierzulande zu den unverkennbaren Boten des Frühlings. Der ausdauernde Strauch wird gerne als Zierpflanze in Gärten angepflanzt und ist mit seinen üppigen Blüten, die bereits im zeitigen Frühjahr goldgelb die noch karge Natur erhellen, mit die erste Blütenfülle des Jahres. Kein Wunder, dass die blütenbesetzten Zweige gerne in Ostergestecken verwendet und als ein Zeichen der wiedererwachenden Natur angesehen werden. Die Forsythie gehört zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) und wird ebenfalls Goldglöckchen oder Goldflieder genannt.
Auch die Honigbienen und andere nektarsuchende Insekten werden nach dem langen kargen Winter von den vielen goldenen Blüten angezogen. So summt und brummt es an warmen Frühlingstagen in den gelben Sträuchern, und wir erfreuen uns an diesem Frühlingserwachen. Doch leider handelt es sich hier häufig um eine Mogelpackung, die den Insekten nichts zu bieten hat. Die emsigen Fliegetierchen finden weder Nektar noch Pollen in den Blüten. Der Grund: Die bei uns angepflanzten Forsythien sind in der Regel Hybride (Kreuzung aus Forsythia suspensa und F. viridissima), die nur unfruchtbare Blüten hervorbringen, die keinen Nektar und Pollen produzieren.
Die aus Asien stammende Stammpflanze Forsythia suspensa ist zwar ebenfalls keine Nektarquelle, bietet jedoch in ihrer natürlichen Variante zumindest etwas Pollen. Wer also den Bienen etwas Gutes tun möchte und dabei nicht auf die gelbe Forsythienblüte im Frühjahr verzichten möchte, sollte sich also lieber die natürliche Form des Strauches in den Garten holen und auf moderne Zuchtformen und Hybride verzichten.
Die Hänge-Forsythie, wie F. suspensa bei uns genannt wird, bietet nicht nur den Insekten eine wichtige Pollenmahlzeit. Auch wir Menschen können die Pflanze für uns nutzen. Die Früchte der Forsythie werden schon lange in der Traditionellen Chinesischen Medizin angewandt und die gesamte Pflanze wird im asiatischen Raum in der traditionellen Volksheilkunde bei vielen verschiedenen Leiden angewandt. In der Regel wird ein Sud aus den reifen oder unreifen Früchten hergestellt, der dann eine entzündungshemmende, fiebersenkende, blutdrucksenkende, tonisierende, entgiftende, antibakterielle und antiseptische Wirkung haben soll. Wegen dieser Eigenschaften nutzt man die Forsythienfrüchte äußerlich bei eitrigen Wunden und Geschwüren sowie innerlich zur Behandlung von Entzündungen im Mund und Rachenraum und des Urinaltrakts sowie bei bakteriellen Infektionen, zur Stärkung des Herz-Kreislaufsystems und zur Entgiftung. Insbesondere Mandelentzündungen und Entzündungen der Niere und der ableitenden Harnwege werden in der TCM mit der Forsythie behandelt. Moderne Forschungen konnten mittlerweile die positive Heilwirkung der Forsythienfrüchte bei Nephritis bestätigen.
Auch in der Krebstherapie spielt die Forsythie eine wichtige Rolle. Traditionell nutzt man einen Sud aus den Blättern und Zweigen zur Behandlung von Brustkrebs. Aber auch andere Krebsarten werden mit der Forsythie behandelt. Genutzt werden auch hier wieder die unreifen Früchte (im Chinesischen Qing Qiao) und die reifen Früchte (Huang Qiao). In der Apotheke erhält man die Forsythienfrüchte unter der Bezeichnung grüner Frosythiae fructus (unreife Früchte) bzw. reifer Forsythia fructus (reife Früchte). Auch hier konnten moderne Forschungen die positive Heilwirkung der Forsythienfrüchte bei der Behandlung verschiedener Krebsarten bestätigen. Eine Wirkung konnte bei Prostata-, Brust– und Darmkrebs sowie bei Leukämie nachgewiesen werden. Es hat sich gezeigt, dass die unreifen Früchte in der Krebstherapie sowie zur Behandlung von innerliuchen Entzündungen eine stärkere Wirkung haben. Die reifen Früchte hingegen zeigen eine höhere Wirksamkeit bei der Behandlung von bakteriellen Infektionen, sowie zur Stärkung des Herzens und Senkung des Blutdrucks. Außerdem wirken sie besonders immunstärkend.
Die Wirkung der Forsythie beruht laut modernen Forschungsergebnissen auf den Inhaltsstoffen Forsythosid I, Forsythosid A, Forsythosid E, Pinoresinol (ein Stoff aus der Gruppe der Lignane) und Oleanolsäure. Forsythoside und Pinoresinol sind dabei hauptsächlich für die entzündungshemmende und anticarinogene Wirkung verantwortlich (wobei Pinoresinol in den Untersuchungen die stärkste Wirkung zeigt), die Oleanolsäure hingegen für die herzstärkende, immunstärkende, und blutdrucksenkende Wirkung verantwortlich ist. In den unreifen Früchten überwiegen Forsythoside und Pinoresinol, wohingegen in den reifen Früchten die Oleanolsäure vermehrt vorkommt, was die unterschiedlichen Anwendungen erklärt.
Verzichtet man also auf moderne Zierformen und pflanzt stattdessen lieber das natürliche Original in seinen Garten, dankt einem nicht nur die heimische Insektenpopulation, man holt sich ebenso ein wahres Wunderwerk an natürlichen Heilkräften in den Garten und muss dabei nicht auf die gelbe Pracht im Frühling verzichten.
Text: Fabian Kalis
Foto: KENPEI, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons