Der Cashewbaum Anacardium occidentale wurde zur Giftpflanze des Jahres 2025 gekürt. Eine Wahl, die wunderbar verdeutlicht, dass es mit dem Thema Giftpflanzen eben nicht so einfach ist, wie es oft dargestellt wird. Pflanzen können nicht einfach pauschal in giftig und ungiftig eingeteilt werden. Giftpflanzen sind nicht einfach schlecht und gefährlich und ungiftige Pflanzen nicht immer ungefährlich und unbedenklich. Es kommt immer auf die Details an und der Cashewbaum ist ein herrliches Symbol für diesen Umstand.

Blüten & Blätter des Cashewbaumes. Foto: Nativeplants garden, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

Wie kann es sein, dass eine Pflanze gleichermaßen ein beliebter als gesund und nahrhaft geltender Snack und Giftpflanze sein kann? Die Antwort findet man, wenn man anfängt zu verstehen. Denn was giftig ist und was nicht ist keine objektive, pauschale Deklaration. Was für den einen schädlich ist, kann für den nächsten eine heilende Medizin sein. Es kommt immer auf die individuellen Umstände, Bedürfnisse und Intentionen an. Daher sind Pflanzen nicht giftig oder ungiftig, sie sind nicht böse oder gut, sie sind einfach. Und sie haben eine Wirkung. Bei den Pflanzen kommt hinzu, dass die Wirkstoffe nie gleichermaßen in der ganzen Pflanze verteilt sind. Was in den Blättern steckt, kann etwas ganz anderes sein als in den Früchten. Selbst die Samen innerhalb einer Frucht können wieder ganz andere Inhaltsstoffe aufweisen als der Rest der Pflanze. Es macht also keinen Sinn, eine Pflanze gänzlich und pauschal als Giftpflanze zu deklarieren. Stattdessen sollte man verstehen, welche Wirkstoffe in welchen Pflanzenteilen zu finden sind. So kommt man weg vom Schwarz-Weiß-Denken und der Einteilung de Pflanzenwelt in gut und böse, in ungiftig und giftig, und kann anfangen das Potenzial und den Nutzen jeder Pflanze zu sehen.

Der Cashewbaum. Zeichnung: Köhlers Medizinal-Pflanzen, 1897

Der Cashewbaum ist ein tropischer Baum, der ursprünglich aus Brasilien stammt, mittlerweile jedoch in vielen tropischen und subtropischen Regionen der Welt angebaut wird. Bekannt ist der Cashewbaum vor allem durch seine Früchte, die unter der Bezeichnung Cashewkerne oder Cashewnüsse sowohl in der Küche als auch in der Naturheilkunde geschätzt werden. Die Cashewkerne sind die eigentlichen Früchte des bis zu 12 Meter hohen Baumes und wachsen unterhalb einer als Cashewapfel bezeichneten Scheinfrucht, die sich aus dem Fruchtstiel entwickelt. Die Cashewkerne sind von einer harten Schale umgeben, welche vor der Verwendung als Nahrungsmittel entfernt werden muss. Die geschälten Cashewkerne finden dann oftmals in gerösteter Form ihren Weg in die Welt der Nahrungsmittel. Sie sind reich an verschiedensten Vitaminen und Mineralstoffen sowie an Tryptophan, einer Aminosäure, die im menschlichen Körper essentiell für die Produktion von Serotonin ist.

Cashewäpfel mit Cashewfrucht. Foto: Abhishek Jacob, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Weitaus weniger bekannt ist, dass auch der Cashewapfel kulinarisch genutzt wird. Wegen seiner kurzen Haltbarkeit findet sich diese Verwendung aber nur in den Anbauländern. Hier wird der geschmacksintensive Cashewapfel zu Saft und Marmelade verarbeitet. Er ist reich an Vitamin C. In Brasilien stellt man zudem ein Ritualgetränk aus Cashewäpfeln her, welches eine heilende Wirkung haben soll.

Doch wo bleibt bei alledem nun die Giftwirkung, die die Wahl der Cashewbaumes zur Giftpflanze des Jahres rechtfertigt? Die Antwort darauf findet sich in den in dem Öl der Cashew-Schalen. In ihm findet sich unter anderem der Wirkstoff Cardol, welcher insbesondere auf Schleimhäute ein stark ätzende Wirkung hat. Das cardolreiche Öl, welches sich vor allem in dem mittleren Teil der Fruchtwand befindet, wird industriell und medizinisch genutzt. Mit ihm schützt man Holz und Papier vor Schädlingsbefall. Auch werden Boote und Fischernetze hiermit behandelt. Das stark ätzende Öl wird medizinisch zur Behandlung von Warzen und Hühneraugen angewendet. In moderner Zeit dient dieses Öl außerdem als Grundstoff zur Herstellung von Härtekomponenten für Epoxidharze.

Text: Fabian Kalis