Die bis in den Herbst hinein blau blühende Wegwarte, deren Blatt- und Blütenform an Löwenzahn erinnert, ist eine ausdauernde, krautige Pflanze. Das zart anmutende Kräutlein ist dabei sehr robust und gedeiht auf verdichtetem, trocknen und salzhaltigen Böden. Aus diesem Grund findet man sie häufig an Straßen und Wegesrändern. Die Blütezeit reicht von Juli bis spät in den Oktober, sodass die Wegwarte ein gern gesehenes Nahrungsangebot im sonst eher blütenkargen Herbst bietet. Wichtige Bestäuber sind verschiedene Bienenarten sowie Schwebfliegen. Ihre Blüten öffnet sie aber nur in den Morgenstunden von ungefähr 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Die Blüten öffnen sich nur für einen einzelnen Tag. Die Wegwarte erreicht Wuchshöhen von etwa 30 cm bis 140 cm und bildet aufrechte, kantige Stängel.
Uns Menschen ist die Wegwarte vor allem in ihren Zuchtformen bekannt: Als Chicorée, Radicchio, Zuckerhut oder Puntarelle finden Kultursorten der wilden Wegwarte Einzug in unsere Küchen. Doch auch die Wildform der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus) kann als Wildgemüse von uns gegessen werden. Die im Laufe des Jahres immer bitterer werdenden Blätter der Wegwarte sind ein beliebtes Blattgemüse und können roh als Salat gegessen werden oder ähnlich wie Spinat als gegartes Gemüse verwendet werden. Die tief reichende Pfahlwurzel kann gewaschen und geschält als Wurzelgemüse genutzt werden. Um die in der Wurzel enthaltenen Bitterstoffe zu entfernen, legt man diese vor der Zubereitung für einige Stunden in Wasser ein. Eine weitere Verwendung der bitterstoffreichen Wurzel ist die Zubereitung des Zichorienkaffee aus der getrockneten, kleingemahlenen und gerösteten Wurzel. Die hellblauen Blüten können als essbare Salatdeko genossen werden.
Weitaus weniger bekannt ist, dass die Wegwarte auch eine Vielzahl an Heilkräften besitzt. Schon im Mittelalter wurde sie unter dem Namen solsequium erwähnt. Paracelsus schätzte sie als schweißtreibende Arznei, Sebastian Kneipp empfahl sie bei Erkrankungen von Magen, Darm und Leber. In der traditionellen Volksheilkunde gilt die Wegwarte als ein Mittel zur Heilung und Stimulierung von Leber, Galle und Milz. Äußerlich findet sie Verwendung bei Hautkrankheiten wie Ekzemen und Entzündungen. In der rationalen Phytotherapie wird sie aufgrund ihrer verdauungssaftanregenden Eigenschaften genutzt. Verantwortlich für diese Wirkung sind Guajanolide, die der Wegwarte auch ihren bitteren Geschmack verleihen. Neuere Studien konnten bei der Pflanze auch eine sedative, stressmindernde und psychorelaxierende Wirkung nachweisen. Aufgrund ihrer zahlreichen Heilanwendungen wurde die Gemeine Wegwarte zur Heilpflanze des Jahres 2020 gekürt.
Darüber hinaus galt die Wegwarte früher als eine mächtige Zauberpflanze, die vor allem in Liebeszaubern Anwendung fand. Eine unter das Kopfkissen einer Jungfrau gelegte Wegwarte sollte den zukünftigen Liebhaber im Traum erscheinen lassen. Eine am Peterstag mit einem Hirschgeweih ausgegrabene Wegwartenwurzel konnte andere Menschen betören, verführen & aphrodisieren, wenn man sie mit dieser berührte, so der Aberglaube. Andere Zauber und Rituale mit dieser Pflanze sollten Krieger im Kampf unbesiegbar machen. Einer alten Sage nach sind die Blüten der Wegwarte die blauen Äuglein eines jungen Burgfräuleins, welches seit ewigen Zeiten vergebens am Wegesrand auf die Rückkehr ihres im Krieg gefallenen Geliebten wartet.
Text: Fabian Kalis
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