Schon lange bevor es unser moderens Erklärungsmodell mit Bakterien und Viren als Krankheitserreger gab, nutzen die Menschen die Kraft der Pflanzen, um sich vor Krankheiten zu schützen und gesund zu werden. Dabei wurden die entsprechenden Pflanzenprodukte auf vielfältige Weise eingesetzt. Heilkräutertees, und Pülverchen gehörten genauso wie auch das Räuchern zu den Anwendungen früherer Zeiten.

Krankheiten sah man früher als negative Energien, Geister oder auch Dämonen, die den Kranken befallen hatten. Bestimmte Rituale und Räucherstoffe wurden dann genutzt, um diese unerwünschten Gäste wieder aus dem Körper zu vertreiben. Es wurden Schutzräucherungen in Haus und Hofe, meist zu besonderen Fesstagen, zelebriert, um sich vorbeugend vor diesen Energien zu schützen.

Auch die christliche Kirche, die ja das Räuchern lange Zeit als heidnisches Teufelswerk verschrien hat, konnte die reinigenden und schützenden Aspekte einiger Räucherdüfte irgendwann nicht mehr ignorieren. Die großen Kirchen waren Zufluchtsort für Kranke und Sterbende. Man kann sich gut vorstellen, dass hier, insbesondere in Zeiten, in denen Hygiene einen sehr niedrigen Stellenwert in der Gesellschaft hatte, ein Sammelbecken von Infektionskrankheiten entstand. Wer gesund war und in die Kirche ging, konnte sich sehr leicht mit einer unschönen Krankheit anstecken. Zunächst war es dem Gestank geschuldet, denn ein Treffpunkt kranker, sterbender und ungepflegter Menschen, der die Kirchen ja waren, glänzte nicht unbedingt mit Wohlgerüchen, dass die Kirche begann das einst verteufelte Räucherwerk in den eigenen Reihen zu nutzen. Bei einem solch widerlichen Ambiente und der Angst, dass man ebenfalls von den Krankheiten befallen werden würde, schwand nämlich die Zahl der Besucher in den Kirchen. Es mangelte an Kundschaft. Und ohne Kundschaft, die ihr weniges Geld zum Sündenerlass der Kirche in den Rachen warf, drohte die Stellung der Kirche zu fallen. Eine Lösung musste her. Kurzerhand wurde insbesondere der Weihrauch, der ja schließlich schon dem Jesuskind geschenkt wurde, zu etwas heiligem erklärt und die Kirchen damit ausgeräuchert. Der neue Wohlduft frischte das schlechte Image der Krichen wieder auf und lockte viele neue Besucher in die kalten Hallen. Wie so vieles, wurde auch das Räuchern so von einem verbotenen Teufelstreiben zu etwas tugendhaften und christlichen gewandelt und von der Kirche adaptiert.

Schnell stellte man fest, dass mit dem Weihrauchduft nicht nur der Gestank schwand sondern auch die Zahl der Kranken weniger wurde. Gesunde Menschen, die nun die Kirchen betraten, wurden von den Krankheitsgesietern verschont. Klar, dass hier das Werk Gottes zugange war. So wurde dem Weihrauch als heiliges Gottesgeschenk eine immer höhere Stellung in den Zeremonien der Kirche zugetragen.

Diese krankheitsvertreibende Wirkung sprach sich rum. Auch die Zellen der Gefängnisse wurden nun regelmäßig mit dem göttlichen Reinigungsmittel ausgeräuchert, um Tod und Krankheit aus den dreckigen und stinkenden Verschlägen zu vertreiben. Auch bei der einfachen Bevölkerung, die das Räuchern heimlich weitergeführt und trotz verboten niemals aufgegeben hat, konnte sich dieses Tun nun mit dem Segen der Kirche wieder mehr entfalten und verbeiten.

Die Nutzung von Räucherwerk zum Schutz vor Krankheiten hat also eine lange Tradition. Doch wie ist damit in unserer modernen Zeit umzugehen, in der wir wissen, dass es Bakterien und Viren und keine Dämonen oder anderes Teufelswerk sind, die uns krankmachen? Ist das Räuchern also doch nur Hokuspokus? Ist die Wirkung auf rein energetischer Ebene und hat nichts mit moderene rationeller Erkenntnis zu tun? Waren die Wirkungen früherer Zeiten reine Placebo Effekte, die damit zu erklären sind, dass die Menschen einfach glaubten?

Nein, ganz im Gegenteil. Neben der energetischen und psychologischen Wirkung (olfaktorische Reize haben eine nachgewiesene Wirkung auf unseren Geist) haben die meisten Räucherstoffe auch eine pharmakologische Wirkung. Bestimmte Wirkstoffe, die in den Räucherstoffen enthalten sind, werden beim Räuchern freigesetzt und entfalten dann in unserem Körper (oder auch auf Bakterien und Viren in der Luft) eine nachweisliche Wirkung.

Insbesondere der echte Weihrauch (Boswellia spp.) und Wachholder (Juniperus spp.), die beide schon seit jahrtausenden als Reinigungs- und Schutzräucherungen angewendet werden, haben eine keimtötende Wirkung. Ihr Rauch hilft dabei Bakterien und Viren abzutöten. Sie desinfizieren die Luft und Oberflächen, die mit dem Rauch in Berührung kommen. Natürlich ist diese Wirkung nicht so stark, wie bei modernene Desinfektionsmittlen, sie ist aber dennoch nicht abzustreiten und nachweislich da. Auch auf unseren Körper wirken diese Räucherstoffe postitv. Sie helfen dabei Krankheitserreger, die bereits im Körper sind, zu bekämpfen und stärken unser Immunsystem.

So macht es also sowohl von energetischer als auch von empirisch wissenschaftlicher Ebene durchaus Sinn, gerade in der aktuellen Zeit, sich mit regelmäßigen Räucherungen von Weihrauch und Wachholder, vorbeugend vor Krankheiten zu schützen. Und ganz ehrlich: So ein Räucheritual mit all seinen Wohldüften hat auch auf unseren Geist eine ganz andere Wirkung, als würden wir mit einer Flasche Desinfektionsspray unsere Wohnungen „reinigen“. Und wie es um unseren Geist und unser Gemüt steht hat schließlich auch einen nicht zu vernachläßigenden Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit und unser Immunsystem.

Neben Weihrauch und Wachholder wurden auch einheimische Baumharze, etwa von Fichte (Picea spp.) & Kiefer (Pinus spp.) sowie die verschiedenen Beifußarten (Artemisia spp.) geräuchert, um sich vor Krankheiten zu schützen. Auch diese Räucherstoffe haben ein leicht keimtötende Wirkung. So lassen sich wohlriechende und wirksame Räuchermischungen erstellen. Und dabei hilft uns der Schatz der Natur direkt vor unserer Haustür. Es müssen nicht immer die teuren importierten Harze sein. Aber auch gemischt mit anderen Räucherstoffen, kann so dem Räucherritual eine pharmakologisch wirksame Komponente gegen Keime begefügt werden.

Fabian