Im späten Sommer zieren die gelben Knopfblüten des Rainfarn Straßen- und Wegesränder. Die stark duftende Pflanze mit den an Farn erinnernden Blättern ist vielen Bestäubern eine wichtige Nahrungsquelle im sonst eher kargen Blütenangebot des nahenden Herbstes. Von vielen heute als Unkraut verschmäht, war der Rainfarn in früheren Zeiten jedoch eine wichtige Heil- und Zauberpflanze. Auch als Färberpflanze wurde der Rainfarn verwendet.

Der Rainfarn (Tanacetum vulgare), der auch als Wurmkraut bezeichnet wird, wurde früher als ein Mittel gegen Darmparasiten bei Mensch und Tier eingesetzt. Hierzu wurden die frischen oder getrockneten Blütenköpfe innerlich eingenommen. Bei der Dosierung muss man jedoch vorsichtig sein, da die innerliche Verwendung großer Mengen Rainfarns eine negative Wirkung haben kann. Da der Wirkstoffgehalt im Rainfarn wie bei allen Naturprodukten schwanken kann, ist eine genaue Mengenangabe stets individuell zu evaluieren. Grund für diese antiparasitäre Wirkung sind die im Kraut reichlich enthaltenen Bitterstoffe. Besonders Thujone, die auch für das typisch bittere Aroma von Wermut, Beifuß und Absinth verantwortlich sind, finden sich im ätherischen Öl des Rainfarn. Darüber hinaus sind es vornehmlich Campher und Borneol, die diesem Kraut seinen unverwechselbaren Duft verleihen. Es finden sich aber auch Cumarine und in geringen Mengen eine Vielzahl weiterer Duftstoffe. Rainfarn, insbesondere das extrahierte ätherische Öl, hat zudem eine stark insektizide Wirkung. Aus diesem Grund wurde Rainfarn früher genutzt, um Ungeziefer und Schädlinge aus Kleiderschränken und Vorratskammern fernzuhalten. Waschungen mit Abkochungen oder Ölen aus Rainfarn wurden zur Behandlung und Vorbeugung bei Flöhen und Kopfläusen verwendet. Das Kraut wurde zudem neben Äckern angepflanzt, um Kartoffelkäfer und andere Insekten von den Feldern zu vertreiben. Aus diesem Grund findet sich das Kraut noch heute häufig wildwachsend am Rand von Ackerflächen.

Äußerlich wurden Breiumschläge aus dem frischen Kraut zur Behandlung von Prellungen, Quetschungen, Verstauchungen, Krampfadern und Rheuma verwendet. Hildegard von Bingen empfahl eine Suppe aus Rainfarnblättern bei Verdauungsbeschwerden. Moderne Studien konnten zudem eine antivirale Wirkung von Extrakten aus der Pflanze nachweisen. Diese Wirkung führt man auf die Inhaltsstoffe Isochlorogensäure und Axillarin zurück.

In der Imkerei ist der getrocknete Rainfarn ein beliebtes Kraut für die Imkerpfeife. Die lang glühenden Pflanzenteile erzeugen einen lieblich, aromatisch duftenden Rauch, mit denen die Bienen eingeräuchert werden. Mehr hierzu findet sich in meinen Artikel Starker Tobak für die Imkerpfeife. Als Färberpflanze wurde der Rainfarn zudem genutzt, um Stoffe und Garne dunkelgelb zu färben. Hierzu müssen die Blütenköpfe jedoch noch mit Alaun gebeizt werden. Man braucht ca. 400 g Blütenköpfe, um 100 g Stoff oder Garn zu färben.

Der Rainfarn war auch eine wichtige Zauberpflanze. Bündel des getrockneten Krautes wurden in Haus und Ställen aufgehängt und sollten vor Blitzschlag und anderem Unheil schützen. Verräuchert wurde die aromatische Pflanze, um aufziehende Unwetter abzuwehren. Volkstümliche Bezeichnungen wie Donnerkaut, Blitzkraut und Gewitterkraut deuten noch heute auf diese Verwendung hin. Doch nicht nur Wetterzauber ließen sich mit dem Rainfarn durchführen. Auch gegen »Unwetter« spiritueller Natur sollte das Kraut helfen. So wurde es rituell verwendet, um negative Energien zu beseitigen, vor bösen Geistern zu schützen und aufgeladene Stimmungen zu harmonisieren.

Text: Fabian Kalis

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