Zu Beginn des Frühlings trauen sich einige zarte Pflänzlein in das erste warme Licht der Sonne. Nach dem kargen und grauen Winter wird es langsam wieder grün in den Wäldern und auf den Wiesen. Eine dieser zarten Pflanzen, die sich mutig hervorwagen, noch bevor das Laub an den Bäumen den Boden zu schattig macht, ist der Waldmeister.

Mit den künstlichen, giftgrünen, synthetischen Waldmeisterprodukten, die viele aus den Supermärkten kennen, hat der echte Waldmeister jedoch nur wenig gemein. Dennoch bietet auch der richtige Waldmeister ein unverwechselbares Aroma. An warmen Frühlingstagen kann man den typischen Waldmeisterduft oft schon über mehrere hundert Meter Entfernung in den Wäldern ausmachen. Wer seiner Nase folgt, der findet also leicht die Stellen, an der viel Waldmeister geerntet werden kann. Verantwortlich für den Duft und auch den Gechmack ist der Inhaltsstoff „Cumarin“, welcher auch frishem Heu seinen Duft verleiht.

Wer nun aber den Waldmeister pflückt und direkt einen aromatischen Geschmack oder Duft erwartet, der wird enttäuscht. Das Waldmeisteraroma kommt nämlich erst bem Welken der Pflanze wirklich zum Vorschein. Der Grund: in der wachsenden Pflanze ist das Cumarin an ein Zuckermolekül gebunden. Es liegt als Cumaringlykosid vor. In dieser Form hat es weder Duft noch Geschmack. Erst beim Welken der Pflanze spaltet sich dieser Stoff auf und das Cumarin gibt seinen charaktetisitschen Duft preis. Doch auch wer zu lange waret wird enttäuscht. Schnell verfliegt der Waldmeisterduft wieder. Vollständig getrocknete Pflanzen verfügen über kaum noch Aroma. Daher ist Waldmeister eine Pflanze, die man am besten direkt im Frühling, frisch nach dem Ernten nutzt.

Am bekanntesten ist wohl die Nutzung des kleinen Krautes zum Aromatisieren von Wein und Perlwein. Die Waldmeisterbowle oder auch Maibowle ist ein traditionelles Getränk von Frühlingsfeierlichkeiten. Dabei gehen die Rezepte für solch einen Trunk auf uralte Anwendungen zurück. Schon die nordeuropäischen Waldvölker schätzten das Aroma des Meisters des Waldes sehr und setzten einen leicht alkoholischen Trank aus Birkensaft, Waldmeister und Honig an. Wenn verfügbar wurden auch noch ein paar getrocknete Fliegenpilze aus dem vergangenen Herbst mit hinzugegeben. Da jetzt auch die Zeit ist, in der man den süßlichen Birkensaft zapfen kann (Anleitung gibt es hier: Birkensaft zapfen), lassen sich diese beiden Schätze aus der Natur gut kombinieren.

Aber auch ohne Birkensaft, Fliegenpilz und Honig lässt sich mit dem Waldmeister ganz unkompliziert eine moderne Variante des Maiweines zaubern. Hierzu eine gute Hand voll frischen Waldmeister nehmen, diesen für eine paar Studen an einem warmen Ort anwelken lassen und anschließend zusammen mit 1 liter Sekt in ein verschließbares Gefäß tun. Diesen Ansatz kann man dann gut 12 Stunden ziehen lassen. Anschließend entfernt man den Waldmeister wieder und kann sich an einem köstlichen Trunk erfreuen.

In vielen Rezepten wird davor gewarnt, mehr als einen Stängel Waldmeister zu benutzen oder ihn länger als 20 minuten ziehen zu lassen. Eine angeblich schädliche Wirkung des Waldmeisters sei der Grund. Dies ist aber völliger Blödsinn. Wer eine echte Waldmeister Wirkung erwartet (eine echter Maienwein berauscht noch auf eine ganz andere Art und Weise als nur durch den Alkohol), der muss schon eine gewisse Menge an Waldmeister nutzen. Unsere Vorfahren taten es auch. Und feierten so ihre ausgelassenen und fröhlichen Frühlingsfeste.

Aus einem Ansatz aus Birkenwasser mit Waldmeister lässt sich auch ein sehr aromatisches Gebäck zaubern. Egal ob Brot oder süßer Hefezopf. Mit diesen Zutaten können wir die Frühlingskraft auch als essbare Variante zu uns nehmen.

Der Waldmeister wirk stimmungsaufhellend, belustigend, enthemmend und aktivierend. Es ist also ein ideales Frühlingskraut, welches die trüben Wintergeister aus dem Körper austreibt. Cumarin hat zudem eine schmerzlindernde und blutverdünnende Wirkung, was Waldmeister auch zu einer Medizin bei leichten Kopfschmerzen macht. In hohen Dosierungen soll es jedoch Kopfschmerzen verursachen… Diese Wirkung konnte ich aber selbst in sehr gut dosierten Waldmeisterweinen nicht beobachten.

Bis 2011 war der Waldmeister übrigens in Deutschland als Lebensmittel nicht zugelassen. Sämtliche Waldmeisterprodukte enthielten also keinerlei echten Waldmeister. Grund hierfür war eine falsch interpretierte Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen des Krautes. Das kleine Pflänzein wurde als giftig klassifiziert. Neuere Untersuchungen wiederlegten dies aber. Seit 2011 ist der Waldmeister nicht mehr giftig und auch wieder als Lebensmittel zugelassen. Als Zutat in Lebensmitteln mit Waldmeisteraroma sucht man ihn aber immernoch vergebens. Das synthetische Waldmeisteraroma ist erstens billiger und es ist der Geschmack, den die Menschen nun von Waldmeister erwarten. Ledglich ein Berliner Unternehen mit dem Namen Sensatonics, welches ganz zauberhafte Pflanzenliköre herstellt, hat seit der Zulassung des verbotenen Krautes einen wahnsinnig leckeren und auch wirkungsvollen Waldmeisterlikör auf den Markt gebracht, der mit echtem Waldmeister zubereitet wird.

Doch warum ist der Wadmeister nun der Meister des Waldes? Hans-Georg Schaaf, der Betreiber des Zaubertrank in Hamburg, einem Laden voll von kuriosem und zauberhaftem aus fast allem was unsere Natur zu bieten hat, beschreibt es passend: Der Waldmeister ist der Dirigent. Egal welche anderen wirksamen oder heilenden Pflanzen man mit ihm zusammen einnimmt, der Waldmeister sorgt für ein harmonisches Zusammenspiel aller Wirkungen und Wirkstoffe. Er ist der Meister, der die Kräfte des Waldes leitet und für uns zu einer harmonischen Synergie zusammenführt.

Text: Fabian Kalis

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