Im späten Sommer zieren die gelben Knopfblüten des Rainfarn Straßen- und Wegesränder. Die stark duftende Pflanze mit den an Farn erinnernden Blättern ist vielen Bestäubern eine wichtige Nahrungsquelle im sonst eher kargen Blütenangebot des nahenden Herbstes. Von vielen heute als Unkraut verschmäht, war der Rainfarn in früheren Zeiten jedoch eine wichtige Heil- und Zauberpflanze. Auch als Färberpflanze wurde der Rainfarn verwendet.

Der Rainfarn (Tanacetum vulgare), der auch als Wurmkraut bezeichnet wird, wurde früher als ein Mittel gegen Darmparasiten bei Mensch und Tier eingesetzt. Hierzu wurden die frischen oder getrockneten Blütenköpfe innerlich eingenommen. Bei der Dosierung muss man jedoch vorsichtig sein, da die innerliche Verwendung großer Mengen Rainfarns eine negative Wirkung haben kann. Da der Wirkstoffgehalt im Rainfarn wie bei allen Naturprodukten schwanken kann, ist eine genaue Mengenangabe stets individuell zu evaluieren. Grund für diese antiparasitäre Wirkung sind die im Kraut reichlich enthaltenen Bitterstoffe. Besonders Thujone, die auch für das typisch bittere Aroma von Wermut, Beifuß und Absinth verantwortlich sind, finden sich im ätherischen Öl des Rainfarn. Darüber hinaus sind es vornehmlich Campher und Borneol, die diesem Kraut seinen unverwechselbaren Duft verleihen. Es finden sich aber auch Cumarine und in geringen Mengen eine Vielzahl weiterer Duftstoffe. Rainfarn, insbesondere das extrahierte ätherische Öl, hat zudem eine stark insektizide Wirkung. Aus diesem Grund wurde Rainfarn früher genutzt, um Ungeziefer und Schädlinge aus Kleiderschränken und Vorratskammern fernzuhalten. Waschungen mit Abkochungen oder Ölen aus Rainfarn wurden zur Behandlung und Vorbeugung bei Flöhen und Kopfläusen verwendet. Das Kraut wurde zudem neben Äckern angepflanzt, um Kartoffelkäfer und andere Insekten von den Feldern zu vertreiben. Aus diesem Grund findet sich das Kraut noch heute häufig wildwachsend am Rand von Ackerflächen.

Äußerlich wurden Breiumschläge aus dem frischen Kraut zur Behandlung von Prellungen, Quetschungen, Verstauchungen, Krampfadern und Rheuma verwendet. Hildegard von Bingen empfahl eine Suppe aus Rainfarnblättern bei Verdauungsbeschwerden. Moderne Studien konnten zudem eine antivirale Wirkung von Extrakten aus der Pflanze nachweisen. Diese Wirkung führt man auf die Inhaltsstoffe Isochlorogensäure und Axillarin zurück.

In der Imkerei ist der getrocknete Rainfarn ein beliebtes Kraut für die Imkerpfeife. Die lang glühenden Pflanzenteile erzeugen einen lieblich, aromatisch duftenden Rauch, mit denen die Bienen eingeräuchert werden. Mehr hierzu findet sich in meinen Artikel Starker Tobak für die Imkerpfeife. Als Färberpflanze wurde der Rainfarn zudem genutzt, um Stoffe und Garne dunkelgelb zu färben. Hierzu müssen die Blütenköpfe jedoch noch mit Alaun gebeizt werden. Man braucht ca. 400 g Blütenköpfe, um 100 g Stoff oder Garn zu färben.

Der Rainfarn war auch eine wichtige Zauberpflanze. Bündel des getrockneten Krautes wurden in Haus und Ställen aufgehängt und sollten vor Blitzschlag und anderem Unheil schützen. Verräuchert wurde die aromatische Pflanze, um aufziehende Unwetter abzuwehren. Volkstümliche Bezeichnungen wie Donnerkaut, Blitzkraut und Gewitterkraut deuten noch heute auf diese Verwendung hin. Doch nicht nur Wetterzauber ließen sich mit dem Rainfarn durchführen. Auch gegen »Unwetter« spiritueller Natur sollte das Kraut helfen. So wurde es rituell verwendet, um negative Energien zu beseitigen, vor bösen Geistern zu schützen und aufgeladene Stimmungen zu harmonisieren.

Text: Fabian Kalis

Bilder: www.pixabay.com

Die bis in den Herbst hinein blau blühende Wegwarte, deren Blatt- und Blütenform an Löwenzahn erinnert, ist eine ausdauernde, krautige Pflanze. Das zart anmutende Kräutlein ist dabei sehr robust und gedeiht auf verdichtetem, trocknen und salzhaltigen Böden. Aus diesem Grund findet man sie häufig an Straßen und Wegesrändern. Die Blütezeit reicht von Juli bis spät in den Oktober, sodass die Wegwarte ein gern gesehenes Nahrungsangebot im sonst eher blütenkargen Herbst bietet. Wichtige Bestäuber sind verschiedene Bienenarten sowie Schwebfliegen. Ihre Blüten öffnet sie aber nur in den Morgenstunden von ungefähr 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Die Blüten öffnen sich nur für einen einzelnen Tag. Die Wegwarte erreicht Wuchshöhen von etwa 30 cm bis 140 cm und bildet aufrechte, kantige Stängel.

Uns Menschen ist die Wegwarte vor allem in ihren Zuchtformen bekannt: Als Chicorée, Radicchio, Zuckerhut oder Puntarelle finden Kultursorten der wilden Wegwarte Einzug in unsere Küchen. Doch auch die Wildform der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus) kann als Wildgemüse von uns gegessen werden. Die im Laufe des Jahres immer bitterer werdenden Blätter der Wegwarte sind ein beliebtes Blattgemüse und können roh als Salat gegessen werden oder ähnlich wie Spinat als gegartes Gemüse verwendet werden. Die tief reichende Pfahlwurzel kann gewaschen und geschält als Wurzelgemüse genutzt werden. Um die in der Wurzel enthaltenen Bitterstoffe zu entfernen, legt man diese vor der Zubereitung für einige Stunden in Wasser ein. Eine weitere Verwendung der bitterstoffreichen Wurzel ist die Zubereitung des Zichorienkaffee aus der getrockneten, kleingemahlenen und gerösteten Wurzel. Die hellblauen Blüten können als essbare Salatdeko genossen werden.

Weitaus weniger bekannt ist, dass die Wegwarte auch eine Vielzahl an Heilkräften besitzt. Schon im Mittelalter wurde sie unter dem Namen solsequium erwähnt. Paracelsus schätzte sie als schweißtreibende Arznei, Sebastian Kneipp empfahl sie bei Erkrankungen von Magen, Darm und Leber. In der traditionellen Volksheilkunde gilt die Wegwarte als ein Mittel zur Heilung und Stimulierung von Leber, Galle und Milz. Äußerlich findet sie Verwendung bei Hautkrankheiten wie Ekzemen und Entzündungen. In der rationalen Phytotherapie wird sie aufgrund ihrer verdauungssaftanregenden Eigenschaften genutzt. Verantwortlich für diese Wirkung sind Guajanolide, die der Wegwarte auch ihren bitteren Geschmack verleihen. Neuere Studien konnten bei der Pflanze auch eine sedative, stressmindernde und psychorelaxierende Wirkung nachweisen. Aufgrund ihrer zahlreichen Heilanwendungen wurde die Gemeine Wegwarte zur Heilpflanze des Jahres 2020 gekürt.

Darüber hinaus galt die Wegwarte früher als eine mächtige Zauberpflanze, die vor allem in Liebeszaubern Anwendung fand. Eine unter das Kopfkissen einer Jungfrau gelegte Wegwarte sollte den zukünftigen Liebhaber im Traum erscheinen lassen. Eine am Peterstag mit einem Hirschgeweih ausgegrabene Wegwartenwurzel konnte andere Menschen betören, verführen & aphrodisieren, wenn man sie mit dieser berührte, so der Aberglaube. Andere Zauber und Rituale mit dieser Pflanze sollten Krieger im Kampf unbesiegbar machen. Einer alten Sage nach sind die Blüten der Wegwarte die blauen Äuglein eines jungen Burgfräuleins, welches seit ewigen Zeiten vergebens am Wegesrand auf die Rückkehr ihres im Krieg gefallenen Geliebten wartet.

Text: Fabian Kalis

Bilder: www.pixabay.com

Jeder frischgebackene Wildkräuterfreund kennt das: Man entdeckt eine unbekannte Pflanze am Wegesrand, die man gerne genauer kennenlernen möchte. Ausgestattet mit einem hübsch bebilderten Bestimmungsbuch, soll nun die Pflanze einen Namen bekommen. Doch auch nachdem man das ganze Buch zum 5ten mal komplett durchgeblättert hat, lässt sich die besagte Pflanze immer noch nicht finden. Ist sie zu selten? Zu ungewöhnlich? Ist das Kräuterbuch ungeeignet? Entmutigt und ohne Erkenntnisse zieht man weiter. Gelernt hat man leider nichts. Vielleicht muss es doch noch mal ein teureres und besseres Bestimmungsbuch sein. Doch irgendwann, nach immer mehr erfolglosen Bestimmungsversuchen und Frust über schöne, aber ungeeignete Bestimmungsbücher, beginnt der Spaß am neuen Hobby zu schwinden.

Besonders wenn sich später herausstellt, dass die besagte Pflanze doch in dem Büchlein gelistet war, man es aber nicht vermochte, sie anhand des Bildes zu erkennen und zu bestimmen, beginnt man an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln. Schuld an diesem Umstand sind aber weder die Bücher, noch der Pflanzenfreund. Vielmehr lassen sich die meisten Pflanzen einfach sehr schlecht anhand einzelner Bilder bestimmen. Und genau das ist das Problem in vielen Bestimmungsbüchern. Die vorgestellten Pflanzenarten werden mit einem einzelnen Foto versehen und das zu bestimmende Exemplar direkt vor einem, sieht irgendwie immer ganz anders aus.

Warum aber gibt es diese Vielfalt in der Pflanzengestalt? Als Beispiel soll hier einmal die Stechpalme dienen, deren Blätter eine unglaubliche Formenvielfalt aufweisen. Bekannt ist diese auch als Ilex bezeichnete Baumart für ihre stacheligen, immergrünen Blätter. Zusammen mit den roten Früchten sind sie eine beliebte Winter- und Weihnachtsdekoration. Die Merkmale sind eigentlich unverkennbar.

Stechpalme mit der typisch stacheligen Blattform

Schaut man sich die Zweige der Stechpalme genauer an, stellt man aber schnell fest, dass gar nicht alle Blätter Stacheln aufweisen. Nein, ganz im Gegenteil, ein Großteil der Blätter am Baum, hat einen runden, glatten Blattrand. Findet man also einen Zweig, an dem nur solche unstacheligen Blätter sitzen und man verlässt sich auf das typische Aussehen mit stacheliger Blattform, wie die Stechpalme typischerweise dargestellt wird, ist es naheliegend, dass man daran zweifelt, dass es sich um die gleich Pflanze handeln kann. Und doch stammen beide Blattformen von der gleichen Art.

Stechpalme mit überwiegend unstacheligen Blättern

Wie kommt es aber zu dieser Vielfalt in der Ausgestaltung der Blätter? Dabei handelt es sich nämlich nicht um individuelle Ausgestaltungen im Rahmen verschiedener Baumexemplare. Nein, an ein und demselben Baum finden sich die unterschiedlichsten Blattformen. Von ganz stachelig über leicht piksige Blätter bis hin zu komplett glatten, unstacheligen Exemplaren.

Die Stechpalmen haben grundsätzlich erstmal unstachelige Blätter. Jedes Blatt, was neu am Baum wächst, ist glatt und hat keine Stacheln. Doch gerade als immergrüner Baum, ist die Stechpalme ein beliebtes Futter bei allerlei Wildtieren. Besonders im kargen Winter, wenn frisches Grün rar ist. Rehe und andere Tiere knabbern die wehrlosen Blätter ab und freuen sich über den nahrhaften Snack. Der Baum jedoch lässt sich das nicht lange gefallen. Sind die Blätter einmal abgefressen, bilden die neu wachsenden Blätter einen piksigen Rand, um zukünftige Fraßfeinde abzuwehren. Je öfter ein Blatt an einer Stelle abgefressen wird, umso stacheliger wird der Rand. So kommt es, dass es auch am gleichen Baum, am gleichen Ast so unterschiedliche Blattgestaltungen bei der Stechpalme gibt. Nimmt man den Baum genauer unter die Lupe, stellt man fest: die stachligsten Blätter finden sich in Bodennähe, zur Baumkrone hin überwiegen die unstacheligen Blätter. Logisch, denn abgefressen werden natürlich nur die Blätter, an die Reh und Co auch ankommen.

Warum aber bildet die Pflanze nicht von Vornherein die stacheligen Blätter, um Fraßfeinde gänzlich abzuwehren? Ist es eine willentliche Hingabe, dem hungrigen Tier entgegen? Handelt es sich um gelebte Harmonie zwischen Tier und Baum im Sinne einer edlen Naturromantik? Nein, die Wahrheit ist viel pragmatischer: Die stacheligen Blätter haben eine deutlich verminderte Fähigkeit zur Photosynthese. Das Bilden des Fraßschutzes ist also ein Kompromiss, bei dem zum Schutz vor Verbiss auf ein Teil der Zuckerproduktion verzichtet wird.

Dies soll nur ein Beispiel sein, in was für einer Vielfalt sich einzelne Pflanzenarten zeigen können. Und eine Ermutigung, nicht zu verzweifeln, wenn die Pflanzen auf den Fotos in Bestimmungsbüchern immer ganz anders aussehen als in Echt. Es gibt natürlich noch viele andere Gründe und Phänomene, die die Ausgestaltung und den Wuchs einzelner Pflanzenarten beeinflussen, aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal. Und ein kleiner Tipp zum Schluss: Professionelle Bestimmungsbücher kommen komplett ohne Bilder aus. Die Bestimmung erfolgt hier anhand expliziter Merkmale, die in Textform abgeglichen werden können.

Räuchern gehört zu den ältesten Ritualen der Menschheit.  Beim Räuchern werden duftende Räucherstoffe auf einer glühenden Räucherkohle verräuchert. Dabei entsteht ein stark aromatischer Dampf, der sowohl olfaktorisch als auch pharmakologisch wirksam sein kann. Der Begriff Räuchern ist etwas irreführend, da beim richtigen Räuchern kein Rauch im eigentlichen Sinne entsteht. Die Räucherstoffe werden nicht verbrannt, sondern vaporisiert. Die in den Räucherstoffen enthaltenen Duft- & Wirkstoffe werden durch die Hitze der Räucherkohle verdampft. Es entsteht so ein stark duftender Nebel / Dampf, der im Gegensatz zu Rauch nicht schädlich für die Lunge ist. Je nach verwendetem Räucherstoff kann dieser Duftnebel sogar positive Wirkungen auf unser Atemsystem haben und dabei helfen, Atemwegserkrankungen zu lindern.

Bei intensiven Räucherungen in geschlossenen Räumen kann zuweilen schon mal ein dichter weißer Nebel entstehen, der den kompletten Raum füllt. Man braucht jedoch keine Angst zu haben, dass man hierbei ersticken oder sonst wie zu Schaden kommen könnte. Auch im dichtesten Räuchernebel bekommt man genügend Luft und atmet keine schädlichen Verbrennungsprodukte ein.

Ein so intensives Räucherritual ist eine eindrucksvolle Erfahrung. Es muss jedoch nicht immer auf eine so extreme Form zurückgegriffen werden. Je nach gewünschtem Effekt des Räucherrituals und eigenen Weltanschauungen reichen auch kurze und subtile Räucherungen aus.

Räuchern wirkt zum einen spirituell auf energetischer Ebene, zum anderen lösen die olfaktorischen Reize Assoziationsprozesse in unserer Psyche aus und nicht zuletzt haben einige Räucherstoffe auch eine pharmakologische Wirkung, die durch eingeatmete Wirkstoffe ausgelöst wird.

Die Geschichte des Räucherns ist eng mit der Geschichte der Nutzung des Feuers durch den Menschen verbunden. Unsere frühen Vorfahren haben sicherlich schnell mitbekommen, dass unterschiedliche Hölzer einen unterschiedlichen Duft verströmen, wenn sie ins Feuer gelegt werden.  Und mit den unterschiedlichen Aromen wurde auch die Stimmung und Atmosphäre und um das Lagerfeuer eine andere. Manches Brennmaterial sorgte für eine ruhige und sanfte Stimmung in der Gruppe, andere hingegen wirkten belebend und anregend, es ist leicht nachzuvollziehen, dass dieser Prozess schon bald bewusst ausgeführt wurde und durch weiteres Experimentieren immer weiter verfeinert wurde. Es entwickelte sich das richtige und bewusste Räuchern von Räucherstoffen auf glühenden Kohlen.

Auch heute noch nutzen wir diese archaische Technik für unsere modernden Räucherungen. Noch bis vor wenigen Generationen, als vornehmlich Holzöfen die Stuben heizten, konnte man die glühende Holzstückchen einfach aus dem heimischen Herd entnehmen. Oder kleine Kohle Stückchen zum Aufheizen ins Feuer legen.  Mittlerweile gibt es zum Räuchern moderne, selbstzündende Räucherkohlen. Diese praktischen kleinen Kohletabletten brauchen nicht erst in einem heißen Feuer zum Glühen gebracht werden. Sie sind mit Salpeter getränkt und lassen sich mit einem Streichholz oder Feuerzeug entzünden. Der Salpeter in den Kohlen verbrennt schnell und heiß und bringt die Räucherkohle innerhalb von weniger Minuten auf Temperatur.

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Die zarten weißen Blüten des Schneeglöckchens, welche sich tapfer durch die schmelzende Schneedecke wagen, verkünden das Ende des Winters. Mit ihrem Erscheinen beginnt das unaufhaltsame Frühlingserwachen in der Natur. Sie sind ein Symbol des neu beginnenden Lebens und ihr Anblick erweckt Frühlingsgefühle und Lebensgeister in uns. Als hell blühende Frühlingsboten erfreuen sie aber nicht nur uns Menschen. Bienen und anderen Insekten dienen die kleinen Blüten als wichtige Pollenquelle nach dem langen kargen Winter.

Viele der etwa 20 verschiedenen Schneeglöckchen Arten innerhalb der Gattung Galanthus sind seit Jahrhunderten beliebte Zierpflanzen. In Mitteleuropa ist jedoch nur das Kleine Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) heimisch. Der Gattungsname Galanthus kommt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus »gála« für Milch und »ánthos« für Blüte, bedeutet also Milchblüte und bezieht sich auf die weißen Blüten der Pflanzen. Milchblume ist übrigens auch ein volkstümlicher deutscher Name des Schneeglöckchens. Das Kleine Schneeglöckchen ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 7 cm bis 15 cm erreicht. Die Pflanzen wachsen häufig in Gruppen und bilden zum Überwintern kleine, bis zu 2 cm große Zwiebeln aus. Die 2 bis 3 Blätter sind bläulich grün, erreichen eine Länge von 5 cm bis 15 cm und sitzen grundständig an der Pflanze. Jede Pflanze bildet nur eine einzelne 1,5 cm bis 2 cm große Blüte, die nickend am Blütenstandschaft sitzt. Nach der Blüte bildet die Pflanze eine einzelne fleischige Kapselfrucht, die viele Samen enthält.

Alle Schneeglöckchen Arten gelten als leicht giftig. Verantwortlich hierfür ist das Alkaloid Amaryllidaceen, welches typisch ist für Pflanzen dieser Familie. Vergiftungserscheinungen sind Übelkeit, Bauchweh, Erbrechen, Durchfall und ein vermehrter Speichelfluss. In besonders hohen Dosierungen können gelegentlich auch Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen und Benommenheit auftreten. Dieser Wirkstoff findet sich vermehrt in den Zwiebeln. Vergiftungen mit oberirdischen Pflanzenteilen sind unwahrscheinlich. Darüber hinaus finden sich die Wirkstoffe Galantamin, Tazettin und Lycorin in den Pflanzen. Auch diese haben ihre höchste Konzentration in den Zwiebeln.

Kaum einer weiß jedoch, dass in dem Schneeglöckchen auch starke Heilkräfte verborgen liegen, denn in der traditionellen Pflanzenheilkunde hierzulande ist die Pflanze unbekannt. Hinweise auf seine Anwendung findet man jedoch im Kaukasus. Dort werden die Zwiebeln des Woronow-Schneeglöckchens (Galanthus woronowii) traditionell zur Behandlung von Kinderlähmung eingesetzt. Ältere Menschen essen zudem die Zwiebeln, um Alterserscheinungen vorzubeugen. Es soll gegen Gedächtnisschwäche und Altersermüdungen helfen. In der modernen rationalen Phytotherapie nutzt man den Wirkstoff Galantamin, welcher aus den Pflanzen extrahiert werden kann. Dieser Wirkstoff wird als Antidementivum zur Behandlung von Demenz und Alzheimer angewendet. Studien konnten dabei eine signifikante Verbesserung der Gedächtnisleistung bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz belegen. Mittlerweile wird der Wirkstoff synthetisch hergestellt und pharmazeutisch vermarktet. Darüber hinaus haben die Zwiebeln des Schneeglöckchens eins mensturationsfördernde Wirkung.

Wie einige andere Pflanzen auch, besitzen die Schneeglöckchen die Fähigkeit der Thermogenese. Das bedeutet, dass die Pflanzen durch Stoffwechselprozesse in der Zwiebel ihre Temperatur gegenüber der Umgebungstemperatur signifikant erhöhen können. Dadurch können die Pflanzen die Schneedecke in der unmittelbaren Umgebung zum Schmelzen bringen und so früher mit dem Austrieb der oberirdischen Pflanzenteile beginnen.

Text: Fabian Kalis

Bildnachweis: www.pixabay.com

Die meisten Kräuter ziehen sich in der kalten Winterzeit ins schützende Erdreich zurück. Einjährige Pflanzen überwintern als Samenkorn, mehrjährige Kräuter ziehen sich ins Wurzelreich zurück und lassen ihre oberirdischen Teile absterben. Nur wenige Pflanzen überdauern die kalte Jahreszeit mit grünendem Kraut, das den winterlichen Temperaturen strotzt. Die Winterzeit ist daher eher keine Jahreszeit, die man mit Kräutersammeln verbindet.

Besonders an milden und sonnigen Wintertagen, die gerade im diesjährigen Winter ungewöhnlich zahlreich sind, kann man aber dennoch einige dieser widerstandsfähigen Kräuter in der Natur entdecken und sammeln. Und das lohnt sich: in ihnen stecken auch jetzt geballte Heilkräfte und zahlreiche Vitamine und Nährstoffe, die unser Körper gerade jetzt besonders gut gebrauchen kann. In diesem Artikel stelle ich Dir zwei Kräuter vor, die Du auch im Winter sammeln kannst.

Das Gänseblümchen

Gänseblümchen wachsen das ganze Jahr über.

Das Gänseblümchen ist eine der bekanntesten Wildpflanzen. Erstaunlicherweise ist seine Heilwirkung dafür umso unbekannter. Und das völlig zu Unrecht, denn in den Blüten des Gänseblümchens stecken kräftige Wirkstoffe. In der Pflanzenheilkunde wird das Gänseblümchen wegen der ähnlichen Anwendungsgebiete manchmal auch als »Kleine Schwester der Arnika« bezeichnet. Der Saft aus den Blüten hat eine entzündungshemmende und wundheilende Wirkung. So lassen sich mit ihm Insektenstiche, Blutergüsse, Quetschungen, Prellungen und kleinere Wunden behandeln. Weiterhin nutzt man den Presssaft des Gänseblümchens zur Behandlung von Lippenherpes. Innerlich angewandt hilft ein Tee aus den Blüten festsitzenden Schleim zu lösen. Die Blätter der Pflanze enthalten eine große Menge an Vitamin C, welches unser Immunsystem braucht, um richtig zu funktionieren. Das Gänseblümchen bildet auch im Winter stets frisches Grün. Sogar Blüten lassen sich vereinzelt an wärmeren Wintertagen finden. Es ist damit nicht nur eine ganzjährig zu findende pflanzliche Wundmedizin, sondern auch ein wunderbarer Helfer gegen winterliche Erkältungskrankheiten.

Der Löwenzahn

Löwenzahnblüten im Schnee

Der Löwenzahn ist ein wahres Superfood, wenn es um Vitamine und Mineralstoffe geht. Seine Blätter enthalten eine große Menge an pflanzlichen Proteinen, Eisen, Magnesium, Kalzium und Kalium. Darüber hinaus finden sich in ihm die Vitamine A, C und E. Da der Löwenzahn das ganze Jahr über frisches Grün austreibt, kann man sich auch im Winter an den jungen Blättern bedienen. Sie eignen sich wunderbar als Wildsalat oder Zugabe zu nährstoffreichen Smoothies. Auch in der Heilkunde kann man die winterlichen Löwenzahnblätter verwenden. Die in dem Pflanzensaft enthaltenen Bitterstoffe regen die Gallensaftproduktion an. Dies unterstützt die Verdauung fettreicher Speisen, fördert den Appetit und kann gegen Völlegefühl und einen aufgeblähten Magen-Darm-Bereich helfen. Weiterhin kann man den Löwenzahn auch bei Beschwerden dieser beiden Organe anwenden. Traditionell nutzt man den Löwenzahn zur Behandlung von Leberentzündungen und Gallensteinen. Darüber hinaus stärkt Löwenzahn das komplette Verdauungssystem: Leber, Galle, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen und Darm werden profitieren von der regelmäßigen Einnahme der Bitterstoffe aus dem Löwenzahn. Zudem fördert er die Nierenfunktion und wirkt somit entwässernd und harntreibend. Dies kann bei Nierenbeschwerden und Entzündungen der Nieren und der ableitenden Harnwege hilfreich sein. Außerdem hat Löwenzahn eine entgiftende Wirkung, da er den Stoffwechsel in er Leber anregen und unterstützen kann.

In der Winterzeit sind es die immergrünen Pflanzen, die uns besonders in Auge fallen. Als ein grüner Kontrast zur sonst leblos erscheinenden kahlen und kargen Natur verkörpern sie die ewig währende Lebenskraft. Wegen dieser Symbolik werden diese Pflanzen schon seit langer Zeit zum Schmücken der winterlichen Stuben genutzt. Tannenbaum, Adventskranz, Mistelzweig und Stechpalmen gehören ebenso zum Winter, wie Schneemänner & Weihnachtsmann.

Großes Immergrün

Doch nicht alle immergrüne Pflanzen erleben dabei die gleiche Würdigung. Einige von Ihnen führen buchstäblich ein Schattendasein. Zu diesen gehören auch einige Arten der Gattung Immergrün (Vinca). Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich aber nicht bei allen Arten innerhalb dieser Gattung um immergrüne Pflanzen. Das Krautige Immergrün (Vinca herbacea) zum Beispiel, verliert im Winter seine Blätter und grünt nur im Sommer. Am häufigsten sind in Deutschland aber die beiden Arten Kleines Immergrün (Vinca minor) und Großes Immergrün (Vinca major) zu finden. Diese beiden Vertreter der Gattung sind tatsächlich immergrüne Pflanzen, die häufig an schattigen Plätzen wachsen. Botanisch handelt es sich bei beiden Arten um Halbsträucher. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der Größe von Wuchs, Blättern & Blüten, sind sich aber ansonsten sehr ähnlich. Die lilafarbenen fünfzähligen Blüten werden beim Kleinen Immergrün 2–3 cm groß, beim Großen Immergrün hingegen bis zu 5 cm. Vinca minor besitzt bis zu 4 cm lange, lanzettliche bis elliptische Laubblätter, und erreicht Wuchshöhen von 10 bis maximal 20 Zentimetern. Die Blätter von Vinca major hingegen sind eher eiförmig und können bis zu 9 cm lang werden. Die Zweige des Großen Immergrün werden bis zu 1 Meter lang, sind aber niederliegend und kriechend. Lediglich die Blütensprosse, welche eine Höhe von bis zu 30 Zentimetern erreichen können, wachsen aufrecht. Beide Arten wachsen als kriechende Bodendecker und verbreiten sich vegetativ über wurzelbildende Knoten an den Sprossachsen. An geeigneten Standorten können sie so regelrechte Teppiche bilden.

Die generative Vermehrung erfolgt hauptsächlich über Verbreitung der Samen durch Ameisen. Die großen Trichterblumen bieten Bienen, Schmetterlingen und Wollschwebern eine beliebte Nektar- und Pollenquelle, können aber auch durch Selbstbestäubung befruchtet werden.  Die Blütezeit erstreckt sich dabei von März bis spät in den Herbst hinein. Dies macht das Immergrün zu einer wichtigen Nahrungspflanze für seine Bestäuber.

Illustration des Kleinen Immergrün

Im Bereich der Pflanzenheilkunde & Folklore findet vor allem das Kleine Immergrün Erwähnung. Wenn auch die ganze Pflanze heute aufgrund des hohen Gehalts an potenziell gesundheitsschädlichen Alkaloiden & anderen Inhaltsstoffen als giftig eingestuft wird, so war es lange Zeit ein beliebtes Naturheilmittel. Traditionell wurde das Kraut zur Linderung von Erschöpfungszuständen, zur Regulation von zu starken oder unregelmäßigen Menstruationsblutungen, zur Behandlung von Weißfluss, aber auch von nächtlichen Hustenanfällen, Gedächtnisschwäche und Konzentrationsproblemen angewandt. In der modernen Pflanzenheilkunde wurde es vor allem wegen der empirisch nachgewiesen Wirkung zur Behandlung von Durchbltungsstörungen angewendet.

Das Kleine Immergrün enthält insgesamt über 40 verschiedene Alkaloide. Die Hauptwirkstoffe sind aber Vincarnin und Eburnamenin. Bis 1986 war das Kleine Immergrün noch als Arzneidroge zugelassen. Da die Anwendung des Krautes in modernen Versuchen zu Blutschäden führte, ist die medizinische Verwendung seither nicht mehr zugelassen. Diese unerwünschte Nebenwirkung ist aber nicht auf einen der Hauptwirkstoffe der Pflanze zurückzuführen, sondern liegt in einem der Belgleitstoffe begründet. Der Hauptwirkstoff Vincarnin wird daher noch heute als Reinstoff in der Medizin als ein Mittel gegen zerebrale Durchblutungsstörungen eingesetzt.

Folkloristisch werden die langen Zweige des Kleinen Immergrüns zum Binden von Kränzen verwendet. Diese Kränze werden für Hochzeits- und Totenfeiern verwendet. Im Alpenraum hängt man sich geweihte Immergrünkränze an die Fenster, um sich gegen Blitzeinschlag zu schützen.

Text: Fabian Kalis

Bildnachweis:

Großes Immergün, Vinca major von Frank Vincentz, unverändert, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Kleines Immergrün, aus Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany

Auch jetzt im frühen Herbst kann man noch ein paar der eindrucksvollen gelben Blüten des echten Leinkrauts (Linaria vulgaris) in der Natur finden. Die Blütezeit der 20 cm bis 40 cm hohen Pflänzlein erstreckt sich nämlich von Mai bis Oktober über viele Monate hinweg. Aufgrund dieser langen Blütezeit sind sie vor allem jetzt im Herbst eine wichtige und beliebte Nahrung für Hummeln und Wildbienen. Die Blüten sind sogenannte Kraftblumen, die im Normalzustand verschlossen sind und erst durch Aufdrücken der Bestäuber geöffnet werden. Diesen Mechanismus kann man auch durch seitliches drücken mit den Fingern auslösen. Durch die Form der Blüten entsteht dabei der Eindruck, als würde sich das Maul eines Tieres öffnen, was der Pflanze auch den Namen Löwenmaul eingebracht hat. Durch diesen Umstand sind aber nur ausgewählte Bestäuber in der Lage, an den Nektar der Blüten zu gelangen. Honigbienen und andere kleine Wildbienen sind zu leicht und vermögen es nicht, den Eingang der Blüte zu öffnen. Hauptsächlich sind es Hummeln, die die Bestäubung des Leinkrauts sicherstellen. Es gibt jedoch auch einige Schmetterlinge, die aufgrund ihres langen schmalen Rüssels in der Lage sind den Nektar aus den Blüten zu stibitzen, ohne, dass sie den Blüten Eingang öffnen müssen. Die Pflanze erhält hierbei natürlich keinerlei Bestäubungsleistung im Tausch.

Echtes Leinkraut – Bild aus »Deutschlands Flora in Abbildungen« von Johann Georg Sturm, 1796

Das Echte Leinkraut findet in der traditionellen Pflanzenheilkunde wenig Verwendung. Dennoch kann die Pflanze mit ein paar heilenden Eigenschaften aufwarten. Die gesamte Pflanze enthält nämlich große Menge an Flavonoiden, hauptsächlich Linarin und Pectolinarin sowie die organischen Säuren Ameisensäure, Apfelsäure und Zitronensäure. Diese Wirkstoffe haben eine entzündungshemmende Wirkung. Deshalb wird das Leinkraut gerne bei allerlei entzündlichen Leiden eingesetzt. Die Hauptanwendung sind entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege, sowie Entzündungen der Schleimhäute. Hierzu trinkt man einen Tee aus dem getrockneten Kraut. Ameisensäure besitzt zudem eine fungizide Wirkung, weshalb das Echte Leinkraut ebenfalls zur Behandlung von Pilzerkrankungen wie etwa Fuß- oder Nagelpilz eingesetzt werden kann. Für diese Heilanwendung nutzt man Abkochungen aus dem Kraut der Pflanze für äußerliche Einreibungen und Waschungen der betroffenen Stellen am Körper.

Viel wichtiger als die Heilkräfte der Pflanze war jedoch ihre Verwendung als Färberpflanze. Das Echte Leinkraut ist eine traditionelle Färberpflanze, die früher zum Färben von Stoffen verwendet wurde. Der Name Leinkraut stammt von dieser Verwendung als Färbemittel von Leinen und Stoffen, nicht etwa, weil aus dieser Pflanze selbst, Leinen hergestellt wurden. Aus den gelben Blüten lässt sich ein hellgelber Farbstoff gewinnen. Die enthaltene Ameisensäure besitzt zudem eine leicht bleichende Wirkung. So konnten mit dem Echten Leinkraut Stoffe hellgelb gefärbt werden.

Blüten des Echten Leinkrauts – Foto von Ivar Leidus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118357176

Eine weitere Anwendung des Echten Leinkrauts war die Verwendung als natürliches Haarfärbemittel. Ältere Frauen, die einst eine gelb blonde Haarpracht schmückte, nutzen die Pflanze, um ihrem ergrauten Haar wieder die jugendliche Blondierung zu verleihen.

Text: Fabian Kalis

Ihre Majestät, Queen Elizabeth, Königin des vereinten Königreichs, ist tot. Ein schwerer und trauriger Verlust für die britische Monarchie. Doch nicht nur die Menschen trauern. Kaum einer weiß, dass auch Bienenvölker zur royalen Familie gehören. Die königlichen Bienen, die auf den Ländereien rund um den Buckingham Palace sowie Clarence House stehen, waren die persönlichen Bienenbestände der kürzlich verschiedenen Monarchin.

Die royalen Bienen mussten nun mit einem archaischen Ritual über den Tod ihrer Herrin informiert werden. So fordert es ein Jahrhunderte zurückreichender Brauch. Die Durchführung des Rituals war Aufgabe des königlichen Imkers John Chapple, der seit gut 15 Jahren die Palastbienen der Königin betreut. Grund für dieses anachronistisch wirkende Vorgehen ist ein alter Aberglaube, der im englischen Sprachraum unter dem Begriff »Telling the bees« bekannt und bis heute lebendige Folklore ist. Hiernach müssen Bienenvölker mit einem speziellen Ritual über den Tod ihres Herren oder ihrer Herrin informiert werden. Tut man dies nicht, so fürchtet man, dass die Bienenvölker dem Dahingeschiedenen ins Reich der Toten folgen und selbst sterben würden. Im schlimmsten Fall soll dies sogar den Tod des neuen Herren der Bienen mit sich ziehen.

Mit dem Spruch »The mistress is dead, but don’t you go. Your master will be a good master to you« teilte der Imker den Bienenvölkern der Königin die traurige Botschaft mit, nachdem er mit sanften Klopfen die Aufmerksamkeit der Bienen erlangt hatte. Anschließend informierte er die Bienenvölker mit sanfter Stimme, wer nun der neue Herr über die Bienen ist. In diesem Fall ist das der neue König Charles III. Außerdem mussten die Bienenkästen in schwarze Tücher gehüllt werden. Da es sich hier um eine royalen Anlass handelt, ist selbstverständlich auch die Trauerkleidung der Bienen angemessen edel. Dieses schwarzes Kleid verbleibt nun so lange an den Bienenkästen, wie die Trauerfeierlichkeiten um die verstorbene Regentin anhalten. Durch dieses Vorgehen soll auch den Bienen, Gelegenheit gegeben werden, die Trauer über den Verlust ihrer Herrin zum Ausdruck zu bringen. John Chapple bat die Bienen zudem darum, gut zu ihrem neuen Herren, dem König, zu sein.

Die Witwe – Gemälde von Charles Napier Hemy (1895)
Ein Witwe und ihr Sohn erzählen den Bienen vom Tod in der Familie

Jedem Bienenvolk muss dabei einzeln und persönlich die traurige Botschaft überbracht werden. In diesem Fall war dies eine überschaubare Sache: Lediglich 7 Bienenvölker zählen zu den royalen Bienenbeständen. Zwei Völker stehen bei Clarence House und fünf Völker am Buckingham Palace.

John Chapples Weg, der königliche Imker zu werden, war dabei eher ein ungeplanter Zufall. Per E-Mail wurde er eines Tages überraschend vom Palastgärtner eingeladen, um über Bienen zu sprechen, erinnert sich der 79-jährige. Chapple dachte zunächst, es ginge um ein Bienenproblem auf den königlichen Ländereien. Nicht selten wird man als Imker wegen herrenloser Bienenschwärme kontaktiert. Doch der Palast hatte andere Pläne: Keine Bienen galt es einzufangen, sondern neue Bienenvölker anzuschaffen und zu betreuen. Die Monarchin sollte fortan königliche Bienen halten. Und Imker John Chapple wurde kurzerhand zum königlichen Bienenhüter erklärt, der von nun an die Bienen Ihrer Majestät betreuen sollte. Ob er diesen Posten jedoch auch weiterhin unter der Regierung des neuen Regenten, King Charles III. beibehalten wird, ist derzeit noch nicht klar.

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Text: Fabian Kalis

Quelle: https://www.dailymail.co.uk/news/article-11199259/Royal-beekeeper-informed-Queens-bees-HM-died-King-Charles-new-boss.html

Eine der wenigen Pflanzen, die auch noch spät im Jahr mit nektarspendenden Blüten für Insekten aufwartet, ist die Nachtkerze. Noch bis spät in den September kann man die gelb leuchtenden Blüten der bis zu 2 Meter hohen Gemeinen Nachtkerze (Oenothera biennis) bewundern. Ihr Name lässt es schon erahnen: Sie ist ein Nachtblüher. Doch auch wenn die intensiv duftenden Blüten hauptsächlich für Nachtschwärmer gedacht sind, so öffnen sich diese teilweise auch am Tage und bieten somit auch Bienen, Hummeln und Schmetterlingen eine willkommene Nahrungsquelle in der sonst schon kargen Welt des späten Sommers.

Die Gemeine Nachtkerze ist aufgrund ihrer Größe und der imposanten Blüten eine beliebte Zierpflanze. Doch auch verwildert ist sie als häufiges Wildkraut anzutreffen. Was kaum einer weiß: Die Nachtkerze stammt eigentlich von dem amerikanischen Kontinent. Erst im 17ten Jahrhundert kam die Pflanze nach Europa. Als exotische Zierpflanze war sie schnell eine beliebte Zierde in gepflegten Gärten und verbreitete sich so auch im europäischen Raum. Die heute wildwachsenden Bestände sind mittlerweile so häufig und gut ion unsere Ökosysteme eingebettet, dass die Pflanze von als einheimisch angesehen wird.

Dass die Nachtkerze nicht nur schön ist, sondern auch heilkräftig, war den Ureinwohnern der neuen Welt schon lange bekannt. In Europa besann man sich jedoch erst einige Zeit nach der Ankunft der krautigen Pflanze, die heilsamen Anwendungen. Genutzt wird hierbei das Nachtkerzenöl, welches durch Zermatschen oder Auspressen der Samen gewonnen wird. Innerlich angewandt wird das Öl in der Volksmedizin bei Atemwegserkrankungen wie etwa Asthma und Heuschnupfen. Auch soll es den Blutdruck senken und bei rheumatischen Beschwerden helfen. Zudem nutzt man es bei Menstruations- und Wechseljahresbeschwerden.

Illustration aus: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Deutschland

Die Hauptanwendung des Nachtkerzenöls ist jedoch bei allerlei Hautleiden. Innerlich eingenommen soll es die Beschwerden von Neurodermitis lindern. Äußerlich wird es wegen seiner juckreizlindernden und entzündungshemmenden und beruhigenden Wirkung auf die Haut in vielen Kosmetikprodukten genutzt. Die Wirkung beruht dabei hauptsächlich auf den Wirkstoffen Linolsäure und Gamma-Linolensäure. Das Nachtkerzenöl enthält dabei bis zu 80 % Linolsäure und bis zu 8 % Gamma-Linolensäure.

Die Nachtkerze kann auch zu Nahrungszwecken genutzt werden. Alle Pflanzenteile sind essbar. Die großen gelben Blüten werden gerne als essbare Deko verwendet. Die Blätter können als Salat roh gegessen werden oder ähnlich wie Spinat gekocht werden. Am häufigsten verwendet man jedoch die Pfahlwurzel, welche bis zu 1,6 Meter tief in die Erde ragen kann. Diese kann ähnlich wie Pastinaken oder Schwarzwurzeln zubereitet werden und waren nicht nur in Zeiten von Hungersnöten eine beliebte und nahrhafte Mahlzeit. Da die Wurzel der Nachtkerze sich beim Kochen Rosa färbt, wurde diese im Volksmund auch als Schinkenwurzel bezeichnet.

Die Nachtkerze ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr bildet sie nur eine Blattrosette. Erst im zweiten Jahr bildet sie dann ihre hohen Blütenstände aus samt sich nach der Blüte aus. Möchte man die Wurzel ernten, so tut man dies im Herbst des ersten Jahres. Zu dieser Jahreszeit zieht die Pflanze ihre Lebensenergie zum Überwintern in die Wurzel zurück und bildet so eine dicke, saftige, energie- und nährstoffreiche Pfahlwurzel. Bereits im Frühjahr des zweiten Jahres treibt diese Lebenskraft aus der Wurzel heraus und die Pflanze steckt ihre ganze Energie in die Blütenstände. Die Wurzeln fangen an zu verholzen und können nicht mehr zu Nahrungszwecken genutzt werden.

Wegen ihrer Heilkräfte und der Verwendung als Nahrungsmittel wandelte sich die Nachtkerze schnell von einer Zierpflanze zu einer beliebten Nutzpflanze. So gehörte sie früher zu den typischen Pflanzen in Bauerngärten. Mittlerweile ist vor allem ihr Potenzial als Nahrungsmittel wieder zunehmend in Vergessenheit geraten. Auch der Anbau von Heilkräutern für den Hausgebrauch ist weniger verbreitet. So wird die Nachtkerze heutzutage wieder vornehmlich wegen ihres Aussehens angebaut.

Mit bis zu 120 Blüten pro Pflanze und einem reichen Nektar & Pollenangebot ist sie aber auch eine wichtige Pflanze für eine Vielzahl an bestäubenden Insekten.

Text: Fabian Kalis