Räuchern gehört zu den ältesten Ritualen der Menschheit.  Beim Räuchern werden duftende Räucherstoffe auf einer glühenden Räucherkohle verräuchert. Dabei entsteht ein stark aromatischer Dampf, der sowohl olfaktorisch als auch pharmakologisch wirksam sein kann. Der Begriff Räuchern ist etwas irreführend, da beim richtigen Räuchern kein Rauch im eigentlichen Sinne entsteht. Die Räucherstoffe werden nicht verbrannt, sondern vaporisiert. Die in den Räucherstoffen enthaltenen Duft- & Wirkstoffe werden durch die Hitze der Räucherkohle verdampft. Es entsteht so ein stark duftender Nebel / Dampf, der im Gegensatz zu Rauch nicht schädlich für die Lunge ist. Je nach verwendetem Räucherstoff kann dieser Duftnebel sogar positive Wirkungen auf unser Atemsystem haben und dabei helfen, Atemwegserkrankungen zu lindern.

Bei intensiven Räucherungen in geschlossenen Räumen kann zuweilen schon mal ein dichter weißer Nebel entstehen, der den kompletten Raum füllt. Man braucht jedoch keine Angst zu haben, dass man hierbei ersticken oder sonst wie zu Schaden kommen könnte. Auch im dichtesten Räuchernebel bekommt man genügend Luft und atmet keine schädlichen Verbrennungsprodukte ein.

Ein so intensives Räucherritual ist eine eindrucksvolle Erfahrung. Es muss jedoch nicht immer auf eine so extreme Form zurückgegriffen werden. Je nach gewünschtem Effekt des Räucherrituals und eigenen Weltanschauungen reichen auch kurze und subtile Räucherungen aus.

Räuchern wirkt zum einen spirituell auf energetischer Ebene, zum anderen lösen die olfaktorischen Reize Assoziationsprozesse in unserer Psyche aus und nicht zuletzt haben einige Räucherstoffe auch eine pharmakologische Wirkung, die durch eingeatmete Wirkstoffe ausgelöst wird.

Die Geschichte des Räucherns ist eng mit der Geschichte der Nutzung des Feuers durch den Menschen verbunden. Unsere frühen Vorfahren haben sicherlich schnell mitbekommen, dass unterschiedliche Hölzer einen unterschiedlichen Duft verströmen, wenn sie ins Feuer gelegt werden.  Und mit den unterschiedlichen Aromen wurde auch die Stimmung und Atmosphäre und um das Lagerfeuer eine andere. Manches Brennmaterial sorgte für eine ruhige und sanfte Stimmung in der Gruppe, andere hingegen wirkten belebend und anregend, es ist leicht nachzuvollziehen, dass dieser Prozess schon bald bewusst ausgeführt wurde und durch weiteres Experimentieren immer weiter verfeinert wurde. Es entwickelte sich das richtige und bewusste Räuchern von Räucherstoffen auf glühenden Kohlen.

Auch heute noch nutzen wir diese archaische Technik für unsere modernden Räucherungen. Noch bis vor wenigen Generationen, als vornehmlich Holzöfen die Stuben heizten, konnte man die glühende Holzstückchen einfach aus dem heimischen Herd entnehmen. Oder kleine Kohle Stückchen zum Aufheizen ins Feuer legen.  Mittlerweile gibt es zum Räuchern moderne, selbstzündende Räucherkohlen. Diese praktischen kleinen Kohletabletten brauchen nicht erst in einem heißen Feuer zum Glühen gebracht werden. Sie sind mit Salpeter getränkt und lassen sich mit einem Streichholz oder Feuerzeug entzünden. Der Salpeter in den Kohlen verbrennt schnell und heiß und bringt die Räucherkohle innerhalb von weniger Minuten auf Temperatur.

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Die zarten weißen Blüten des Schneeglöckchens, welche sich tapfer durch die schmelzende Schneedecke wagen, verkünden das Ende des Winters. Mit ihrem Erscheinen beginnt das unaufhaltsame Frühlingserwachen in der Natur. Sie sind ein Symbol des neu beginnenden Lebens und ihr Anblick erweckt Frühlingsgefühle und Lebensgeister in uns. Als hell blühende Frühlingsboten erfreuen sie aber nicht nur uns Menschen. Bienen und anderen Insekten dienen die kleinen Blüten als wichtige Pollenquelle nach dem langen kargen Winter.

Viele der etwa 20 verschiedenen Schneeglöckchen Arten innerhalb der Gattung Galanthus sind seit Jahrhunderten beliebte Zierpflanzen. In Mitteleuropa ist jedoch nur das Kleine Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) heimisch. Der Gattungsname Galanthus kommt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus »gála« für Milch und »ánthos« für Blüte, bedeutet also Milchblüte und bezieht sich auf die weißen Blüten der Pflanzen. Milchblume ist übrigens auch ein volkstümlicher deutscher Name des Schneeglöckchens. Das Kleine Schneeglöckchen ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 7 cm bis 15 cm erreicht. Die Pflanzen wachsen häufig in Gruppen und bilden zum Überwintern kleine, bis zu 2 cm große Zwiebeln aus. Die 2 bis 3 Blätter sind bläulich grün, erreichen eine Länge von 5 cm bis 15 cm und sitzen grundständig an der Pflanze. Jede Pflanze bildet nur eine einzelne 1,5 cm bis 2 cm große Blüte, die nickend am Blütenstandschaft sitzt. Nach der Blüte bildet die Pflanze eine einzelne fleischige Kapselfrucht, die viele Samen enthält.

Alle Schneeglöckchen Arten gelten als leicht giftig. Verantwortlich hierfür ist das Alkaloid Amaryllidaceen, welches typisch ist für Pflanzen dieser Familie. Vergiftungserscheinungen sind Übelkeit, Bauchweh, Erbrechen, Durchfall und ein vermehrter Speichelfluss. In besonders hohen Dosierungen können gelegentlich auch Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen und Benommenheit auftreten. Dieser Wirkstoff findet sich vermehrt in den Zwiebeln. Vergiftungen mit oberirdischen Pflanzenteilen sind unwahrscheinlich. Darüber hinaus finden sich die Wirkstoffe Galantamin, Tazettin und Lycorin in den Pflanzen. Auch diese haben ihre höchste Konzentration in den Zwiebeln.

Kaum einer weiß jedoch, dass in dem Schneeglöckchen auch starke Heilkräfte verborgen liegen, denn in der traditionellen Pflanzenheilkunde hierzulande ist die Pflanze unbekannt. Hinweise auf seine Anwendung findet man jedoch im Kaukasus. Dort werden die Zwiebeln des Woronow-Schneeglöckchens (Galanthus woronowii) traditionell zur Behandlung von Kinderlähmung eingesetzt. Ältere Menschen essen zudem die Zwiebeln, um Alterserscheinungen vorzubeugen. Es soll gegen Gedächtnisschwäche und Altersermüdungen helfen. In der modernen rationalen Phytotherapie nutzt man den Wirkstoff Galantamin, welcher aus den Pflanzen extrahiert werden kann. Dieser Wirkstoff wird als Antidementivum zur Behandlung von Demenz und Alzheimer angewendet. Studien konnten dabei eine signifikante Verbesserung der Gedächtnisleistung bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz belegen. Mittlerweile wird der Wirkstoff synthetisch hergestellt und pharmazeutisch vermarktet. Darüber hinaus haben die Zwiebeln des Schneeglöckchens eins mensturationsfördernde Wirkung.

Wie einige andere Pflanzen auch, besitzen die Schneeglöckchen die Fähigkeit der Thermogenese. Das bedeutet, dass die Pflanzen durch Stoffwechselprozesse in der Zwiebel ihre Temperatur gegenüber der Umgebungstemperatur signifikant erhöhen können. Dadurch können die Pflanzen die Schneedecke in der unmittelbaren Umgebung zum Schmelzen bringen und so früher mit dem Austrieb der oberirdischen Pflanzenteile beginnen.

Text: Fabian Kalis

Bildnachweis: www.pixabay.com

Die meisten Kräuter ziehen sich in der kalten Winterzeit ins schützende Erdreich zurück. Einjährige Pflanzen überwintern als Samenkorn, mehrjährige Kräuter ziehen sich ins Wurzelreich zurück und lassen ihre oberirdischen Teile absterben. Nur wenige Pflanzen überdauern die kalte Jahreszeit mit grünendem Kraut, das den winterlichen Temperaturen strotzt. Die Winterzeit ist daher eher keine Jahreszeit, die man mit Kräutersammeln verbindet.

Besonders an milden und sonnigen Wintertagen, die gerade im diesjährigen Winter ungewöhnlich zahlreich sind, kann man aber dennoch einige dieser widerstandsfähigen Kräuter in der Natur entdecken und sammeln. Und das lohnt sich: in ihnen stecken auch jetzt geballte Heilkräfte und zahlreiche Vitamine und Nährstoffe, die unser Körper gerade jetzt besonders gut gebrauchen kann. In diesem Artikel stelle ich Dir zwei Kräuter vor, die Du auch im Winter sammeln kannst.

Das Gänseblümchen

Gänseblümchen wachsen das ganze Jahr über.

Das Gänseblümchen ist eine der bekanntesten Wildpflanzen. Erstaunlicherweise ist seine Heilwirkung dafür umso unbekannter. Und das völlig zu Unrecht, denn in den Blüten des Gänseblümchens stecken kräftige Wirkstoffe. In der Pflanzenheilkunde wird das Gänseblümchen wegen der ähnlichen Anwendungsgebiete manchmal auch als »Kleine Schwester der Arnika« bezeichnet. Der Saft aus den Blüten hat eine entzündungshemmende und wundheilende Wirkung. So lassen sich mit ihm Insektenstiche, Blutergüsse, Quetschungen, Prellungen und kleinere Wunden behandeln. Weiterhin nutzt man den Presssaft des Gänseblümchens zur Behandlung von Lippenherpes. Innerlich angewandt hilft ein Tee aus den Blüten festsitzenden Schleim zu lösen. Die Blätter der Pflanze enthalten eine große Menge an Vitamin C, welches unser Immunsystem braucht, um richtig zu funktionieren. Das Gänseblümchen bildet auch im Winter stets frisches Grün. Sogar Blüten lassen sich vereinzelt an wärmeren Wintertagen finden. Es ist damit nicht nur eine ganzjährig zu findende pflanzliche Wundmedizin, sondern auch ein wunderbarer Helfer gegen winterliche Erkältungskrankheiten.

Der Löwenzahn

Löwenzahnblüten im Schnee

Der Löwenzahn ist ein wahres Superfood, wenn es um Vitamine und Mineralstoffe geht. Seine Blätter enthalten eine große Menge an pflanzlichen Proteinen, Eisen, Magnesium, Kalzium und Kalium. Darüber hinaus finden sich in ihm die Vitamine A, C und E. Da der Löwenzahn das ganze Jahr über frisches Grün austreibt, kann man sich auch im Winter an den jungen Blättern bedienen. Sie eignen sich wunderbar als Wildsalat oder Zugabe zu nährstoffreichen Smoothies. Auch in der Heilkunde kann man die winterlichen Löwenzahnblätter verwenden. Die in dem Pflanzensaft enthaltenen Bitterstoffe regen die Gallensaftproduktion an. Dies unterstützt die Verdauung fettreicher Speisen, fördert den Appetit und kann gegen Völlegefühl und einen aufgeblähten Magen-Darm-Bereich helfen. Weiterhin kann man den Löwenzahn auch bei Beschwerden dieser beiden Organe anwenden. Traditionell nutzt man den Löwenzahn zur Behandlung von Leberentzündungen und Gallensteinen. Darüber hinaus stärkt Löwenzahn das komplette Verdauungssystem: Leber, Galle, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen und Darm werden profitieren von der regelmäßigen Einnahme der Bitterstoffe aus dem Löwenzahn. Zudem fördert er die Nierenfunktion und wirkt somit entwässernd und harntreibend. Dies kann bei Nierenbeschwerden und Entzündungen der Nieren und der ableitenden Harnwege hilfreich sein. Außerdem hat Löwenzahn eine entgiftende Wirkung, da er den Stoffwechsel in er Leber anregen und unterstützen kann.

In der Winterzeit sind es die immergrünen Pflanzen, die uns besonders in Auge fallen. Als ein grüner Kontrast zur sonst leblos erscheinenden kahlen und kargen Natur verkörpern sie die ewig währende Lebenskraft. Wegen dieser Symbolik werden diese Pflanzen schon seit langer Zeit zum Schmücken der winterlichen Stuben genutzt. Tannenbaum, Adventskranz, Mistelzweig und Stechpalmen gehören ebenso zum Winter, wie Schneemänner & Weihnachtsmann.

Großes Immergrün

Doch nicht alle immergrüne Pflanzen erleben dabei die gleiche Würdigung. Einige von Ihnen führen buchstäblich ein Schattendasein. Zu diesen gehören auch einige Arten der Gattung Immergrün (Vinca). Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich aber nicht bei allen Arten innerhalb dieser Gattung um immergrüne Pflanzen. Das Krautige Immergrün (Vinca herbacea) zum Beispiel, verliert im Winter seine Blätter und grünt nur im Sommer. Am häufigsten sind in Deutschland aber die beiden Arten Kleines Immergrün (Vinca minor) und Großes Immergrün (Vinca major) zu finden. Diese beiden Vertreter der Gattung sind tatsächlich immergrüne Pflanzen, die häufig an schattigen Plätzen wachsen. Botanisch handelt es sich bei beiden Arten um Halbsträucher. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der Größe von Wuchs, Blättern & Blüten, sind sich aber ansonsten sehr ähnlich. Die lilafarbenen fünfzähligen Blüten werden beim Kleinen Immergrün 2–3 cm groß, beim Großen Immergrün hingegen bis zu 5 cm. Vinca minor besitzt bis zu 4 cm lange, lanzettliche bis elliptische Laubblätter, und erreicht Wuchshöhen von 10 bis maximal 20 Zentimetern. Die Blätter von Vinca major hingegen sind eher eiförmig und können bis zu 9 cm lang werden. Die Zweige des Großen Immergrün werden bis zu 1 Meter lang, sind aber niederliegend und kriechend. Lediglich die Blütensprosse, welche eine Höhe von bis zu 30 Zentimetern erreichen können, wachsen aufrecht. Beide Arten wachsen als kriechende Bodendecker und verbreiten sich vegetativ über wurzelbildende Knoten an den Sprossachsen. An geeigneten Standorten können sie so regelrechte Teppiche bilden.

Die generative Vermehrung erfolgt hauptsächlich über Verbreitung der Samen durch Ameisen. Die großen Trichterblumen bieten Bienen, Schmetterlingen und Wollschwebern eine beliebte Nektar- und Pollenquelle, können aber auch durch Selbstbestäubung befruchtet werden.  Die Blütezeit erstreckt sich dabei von März bis spät in den Herbst hinein. Dies macht das Immergrün zu einer wichtigen Nahrungspflanze für seine Bestäuber.

Illustration des Kleinen Immergrün

Im Bereich der Pflanzenheilkunde & Folklore findet vor allem das Kleine Immergrün Erwähnung. Wenn auch die ganze Pflanze heute aufgrund des hohen Gehalts an potenziell gesundheitsschädlichen Alkaloiden & anderen Inhaltsstoffen als giftig eingestuft wird, so war es lange Zeit ein beliebtes Naturheilmittel. Traditionell wurde das Kraut zur Linderung von Erschöpfungszuständen, zur Regulation von zu starken oder unregelmäßigen Menstruationsblutungen, zur Behandlung von Weißfluss, aber auch von nächtlichen Hustenanfällen, Gedächtnisschwäche und Konzentrationsproblemen angewandt. In der modernen Pflanzenheilkunde wurde es vor allem wegen der empirisch nachgewiesen Wirkung zur Behandlung von Durchbltungsstörungen angewendet.

Das Kleine Immergrün enthält insgesamt über 40 verschiedene Alkaloide. Die Hauptwirkstoffe sind aber Vincarnin und Eburnamenin. Bis 1986 war das Kleine Immergrün noch als Arzneidroge zugelassen. Da die Anwendung des Krautes in modernen Versuchen zu Blutschäden führte, ist die medizinische Verwendung seither nicht mehr zugelassen. Diese unerwünschte Nebenwirkung ist aber nicht auf einen der Hauptwirkstoffe der Pflanze zurückzuführen, sondern liegt in einem der Belgleitstoffe begründet. Der Hauptwirkstoff Vincarnin wird daher noch heute als Reinstoff in der Medizin als ein Mittel gegen zerebrale Durchblutungsstörungen eingesetzt.

Folkloristisch werden die langen Zweige des Kleinen Immergrüns zum Binden von Kränzen verwendet. Diese Kränze werden für Hochzeits- und Totenfeiern verwendet. Im Alpenraum hängt man sich geweihte Immergrünkränze an die Fenster, um sich gegen Blitzeinschlag zu schützen.

Text: Fabian Kalis

Bildnachweis:

Großes Immergün, Vinca major von Frank Vincentz, unverändert, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Kleines Immergrün, aus Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany

Auch jetzt im frühen Herbst kann man noch ein paar der eindrucksvollen gelben Blüten des echten Leinkrauts (Linaria vulgaris) in der Natur finden. Die Blütezeit der 20 cm bis 40 cm hohen Pflänzlein erstreckt sich nämlich von Mai bis Oktober über viele Monate hinweg. Aufgrund dieser langen Blütezeit sind sie vor allem jetzt im Herbst eine wichtige und beliebte Nahrung für Hummeln und Wildbienen. Die Blüten sind sogenannte Kraftblumen, die im Normalzustand verschlossen sind und erst durch Aufdrücken der Bestäuber geöffnet werden. Diesen Mechanismus kann man auch durch seitliches drücken mit den Fingern auslösen. Durch die Form der Blüten entsteht dabei der Eindruck, als würde sich das Maul eines Tieres öffnen, was der Pflanze auch den Namen Löwenmaul eingebracht hat. Durch diesen Umstand sind aber nur ausgewählte Bestäuber in der Lage, an den Nektar der Blüten zu gelangen. Honigbienen und andere kleine Wildbienen sind zu leicht und vermögen es nicht, den Eingang der Blüte zu öffnen. Hauptsächlich sind es Hummeln, die die Bestäubung des Leinkrauts sicherstellen. Es gibt jedoch auch einige Schmetterlinge, die aufgrund ihres langen schmalen Rüssels in der Lage sind den Nektar aus den Blüten zu stibitzen, ohne, dass sie den Blüten Eingang öffnen müssen. Die Pflanze erhält hierbei natürlich keinerlei Bestäubungsleistung im Tausch.

Echtes Leinkraut – Bild aus »Deutschlands Flora in Abbildungen« von Johann Georg Sturm, 1796

Das Echte Leinkraut findet in der traditionellen Pflanzenheilkunde wenig Verwendung. Dennoch kann die Pflanze mit ein paar heilenden Eigenschaften aufwarten. Die gesamte Pflanze enthält nämlich große Menge an Flavonoiden, hauptsächlich Linarin und Pectolinarin sowie die organischen Säuren Ameisensäure, Apfelsäure und Zitronensäure. Diese Wirkstoffe haben eine entzündungshemmende Wirkung. Deshalb wird das Leinkraut gerne bei allerlei entzündlichen Leiden eingesetzt. Die Hauptanwendung sind entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege, sowie Entzündungen der Schleimhäute. Hierzu trinkt man einen Tee aus dem getrockneten Kraut. Ameisensäure besitzt zudem eine fungizide Wirkung, weshalb das Echte Leinkraut ebenfalls zur Behandlung von Pilzerkrankungen wie etwa Fuß- oder Nagelpilz eingesetzt werden kann. Für diese Heilanwendung nutzt man Abkochungen aus dem Kraut der Pflanze für äußerliche Einreibungen und Waschungen der betroffenen Stellen am Körper.

Viel wichtiger als die Heilkräfte der Pflanze war jedoch ihre Verwendung als Färberpflanze. Das Echte Leinkraut ist eine traditionelle Färberpflanze, die früher zum Färben von Stoffen verwendet wurde. Der Name Leinkraut stammt von dieser Verwendung als Färbemittel von Leinen und Stoffen, nicht etwa, weil aus dieser Pflanze selbst, Leinen hergestellt wurden. Aus den gelben Blüten lässt sich ein hellgelber Farbstoff gewinnen. Die enthaltene Ameisensäure besitzt zudem eine leicht bleichende Wirkung. So konnten mit dem Echten Leinkraut Stoffe hellgelb gefärbt werden.

Blüten des Echten Leinkrauts – Foto von Ivar Leidus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=118357176

Eine weitere Anwendung des Echten Leinkrauts war die Verwendung als natürliches Haarfärbemittel. Ältere Frauen, die einst eine gelb blonde Haarpracht schmückte, nutzen die Pflanze, um ihrem ergrauten Haar wieder die jugendliche Blondierung zu verleihen.

Text: Fabian Kalis

Ihre Majestät, Queen Elizabeth, Königin des vereinten Königreichs, ist tot. Ein schwerer und trauriger Verlust für die britische Monarchie. Doch nicht nur die Menschen trauern. Kaum einer weiß, dass auch Bienenvölker zur royalen Familie gehören. Die königlichen Bienen, die auf den Ländereien rund um den Buckingham Palace sowie Clarence House stehen, waren die persönlichen Bienenbestände der kürzlich verschiedenen Monarchin.

Die royalen Bienen mussten nun mit einem archaischen Ritual über den Tod ihrer Herrin informiert werden. So fordert es ein Jahrhunderte zurückreichender Brauch. Die Durchführung des Rituals war Aufgabe des königlichen Imkers John Chapple, der seit gut 15 Jahren die Palastbienen der Königin betreut. Grund für dieses anachronistisch wirkende Vorgehen ist ein alter Aberglaube, der im englischen Sprachraum unter dem Begriff »Telling the bees« bekannt und bis heute lebendige Folklore ist. Hiernach müssen Bienenvölker mit einem speziellen Ritual über den Tod ihres Herren oder ihrer Herrin informiert werden. Tut man dies nicht, so fürchtet man, dass die Bienenvölker dem Dahingeschiedenen ins Reich der Toten folgen und selbst sterben würden. Im schlimmsten Fall soll dies sogar den Tod des neuen Herren der Bienen mit sich ziehen.

Mit dem Spruch »The mistress is dead, but don’t you go. Your master will be a good master to you« teilte der Imker den Bienenvölkern der Königin die traurige Botschaft mit, nachdem er mit sanften Klopfen die Aufmerksamkeit der Bienen erlangt hatte. Anschließend informierte er die Bienenvölker mit sanfter Stimme, wer nun der neue Herr über die Bienen ist. In diesem Fall ist das der neue König Charles III. Außerdem mussten die Bienenkästen in schwarze Tücher gehüllt werden. Da es sich hier um eine royalen Anlass handelt, ist selbstverständlich auch die Trauerkleidung der Bienen angemessen edel. Dieses schwarzes Kleid verbleibt nun so lange an den Bienenkästen, wie die Trauerfeierlichkeiten um die verstorbene Regentin anhalten. Durch dieses Vorgehen soll auch den Bienen, Gelegenheit gegeben werden, die Trauer über den Verlust ihrer Herrin zum Ausdruck zu bringen. John Chapple bat die Bienen zudem darum, gut zu ihrem neuen Herren, dem König, zu sein.

Die Witwe – Gemälde von Charles Napier Hemy (1895)
Ein Witwe und ihr Sohn erzählen den Bienen vom Tod in der Familie

Jedem Bienenvolk muss dabei einzeln und persönlich die traurige Botschaft überbracht werden. In diesem Fall war dies eine überschaubare Sache: Lediglich 7 Bienenvölker zählen zu den royalen Bienenbeständen. Zwei Völker stehen bei Clarence House und fünf Völker am Buckingham Palace.

John Chapples Weg, der königliche Imker zu werden, war dabei eher ein ungeplanter Zufall. Per E-Mail wurde er eines Tages überraschend vom Palastgärtner eingeladen, um über Bienen zu sprechen, erinnert sich der 79-jährige. Chapple dachte zunächst, es ginge um ein Bienenproblem auf den königlichen Ländereien. Nicht selten wird man als Imker wegen herrenloser Bienenschwärme kontaktiert. Doch der Palast hatte andere Pläne: Keine Bienen galt es einzufangen, sondern neue Bienenvölker anzuschaffen und zu betreuen. Die Monarchin sollte fortan königliche Bienen halten. Und Imker John Chapple wurde kurzerhand zum königlichen Bienenhüter erklärt, der von nun an die Bienen Ihrer Majestät betreuen sollte. Ob er diesen Posten jedoch auch weiterhin unter der Regierung des neuen Regenten, King Charles III. beibehalten wird, ist derzeit noch nicht klar.

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Text: Fabian Kalis

Quelle: https://www.dailymail.co.uk/news/article-11199259/Royal-beekeeper-informed-Queens-bees-HM-died-King-Charles-new-boss.html

Eine der wenigen Pflanzen, die auch noch spät im Jahr mit nektarspendenden Blüten für Insekten aufwartet, ist die Nachtkerze. Noch bis spät in den September kann man die gelb leuchtenden Blüten der bis zu 2 Meter hohen Gemeinen Nachtkerze (Oenothera biennis) bewundern. Ihr Name lässt es schon erahnen: Sie ist ein Nachtblüher. Doch auch wenn die intensiv duftenden Blüten hauptsächlich für Nachtschwärmer gedacht sind, so öffnen sich diese teilweise auch am Tage und bieten somit auch Bienen, Hummeln und Schmetterlingen eine willkommene Nahrungsquelle in der sonst schon kargen Welt des späten Sommers.

Die Gemeine Nachtkerze ist aufgrund ihrer Größe und der imposanten Blüten eine beliebte Zierpflanze. Doch auch verwildert ist sie als häufiges Wildkraut anzutreffen. Was kaum einer weiß: Die Nachtkerze stammt eigentlich von dem amerikanischen Kontinent. Erst im 17ten Jahrhundert kam die Pflanze nach Europa. Als exotische Zierpflanze war sie schnell eine beliebte Zierde in gepflegten Gärten und verbreitete sich so auch im europäischen Raum. Die heute wildwachsenden Bestände sind mittlerweile so häufig und gut ion unsere Ökosysteme eingebettet, dass die Pflanze von als einheimisch angesehen wird.

Dass die Nachtkerze nicht nur schön ist, sondern auch heilkräftig, war den Ureinwohnern der neuen Welt schon lange bekannt. In Europa besann man sich jedoch erst einige Zeit nach der Ankunft der krautigen Pflanze, die heilsamen Anwendungen. Genutzt wird hierbei das Nachtkerzenöl, welches durch Zermatschen oder Auspressen der Samen gewonnen wird. Innerlich angewandt wird das Öl in der Volksmedizin bei Atemwegserkrankungen wie etwa Asthma und Heuschnupfen. Auch soll es den Blutdruck senken und bei rheumatischen Beschwerden helfen. Zudem nutzt man es bei Menstruations- und Wechseljahresbeschwerden.

Illustration aus: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Deutschland

Die Hauptanwendung des Nachtkerzenöls ist jedoch bei allerlei Hautleiden. Innerlich eingenommen soll es die Beschwerden von Neurodermitis lindern. Äußerlich wird es wegen seiner juckreizlindernden und entzündungshemmenden und beruhigenden Wirkung auf die Haut in vielen Kosmetikprodukten genutzt. Die Wirkung beruht dabei hauptsächlich auf den Wirkstoffen Linolsäure und Gamma-Linolensäure. Das Nachtkerzenöl enthält dabei bis zu 80 % Linolsäure und bis zu 8 % Gamma-Linolensäure.

Die Nachtkerze kann auch zu Nahrungszwecken genutzt werden. Alle Pflanzenteile sind essbar. Die großen gelben Blüten werden gerne als essbare Deko verwendet. Die Blätter können als Salat roh gegessen werden oder ähnlich wie Spinat gekocht werden. Am häufigsten verwendet man jedoch die Pfahlwurzel, welche bis zu 1,6 Meter tief in die Erde ragen kann. Diese kann ähnlich wie Pastinaken oder Schwarzwurzeln zubereitet werden und waren nicht nur in Zeiten von Hungersnöten eine beliebte und nahrhafte Mahlzeit. Da die Wurzel der Nachtkerze sich beim Kochen Rosa färbt, wurde diese im Volksmund auch als Schinkenwurzel bezeichnet.

Die Nachtkerze ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr bildet sie nur eine Blattrosette. Erst im zweiten Jahr bildet sie dann ihre hohen Blütenstände aus samt sich nach der Blüte aus. Möchte man die Wurzel ernten, so tut man dies im Herbst des ersten Jahres. Zu dieser Jahreszeit zieht die Pflanze ihre Lebensenergie zum Überwintern in die Wurzel zurück und bildet so eine dicke, saftige, energie- und nährstoffreiche Pfahlwurzel. Bereits im Frühjahr des zweiten Jahres treibt diese Lebenskraft aus der Wurzel heraus und die Pflanze steckt ihre ganze Energie in die Blütenstände. Die Wurzeln fangen an zu verholzen und können nicht mehr zu Nahrungszwecken genutzt werden.

Wegen ihrer Heilkräfte und der Verwendung als Nahrungsmittel wandelte sich die Nachtkerze schnell von einer Zierpflanze zu einer beliebten Nutzpflanze. So gehörte sie früher zu den typischen Pflanzen in Bauerngärten. Mittlerweile ist vor allem ihr Potenzial als Nahrungsmittel wieder zunehmend in Vergessenheit geraten. Auch der Anbau von Heilkräutern für den Hausgebrauch ist weniger verbreitet. So wird die Nachtkerze heutzutage wieder vornehmlich wegen ihres Aussehens angebaut.

Mit bis zu 120 Blüten pro Pflanze und einem reichen Nektar & Pollenangebot ist sie aber auch eine wichtige Pflanze für eine Vielzahl an bestäubenden Insekten.

Text: Fabian Kalis

Insgesamt gibt es in Deutschland 36 einheimische Hummelarten. Alle von Ihnen gehören zu den besonders geschützten Arten gemäß Bundesnaturschutzgesetz. 16 von ihnen gelten als bedroht und sind in einigen Teilen Deutschlands bereits ausgestorben. Sämtliche Eingriffe in ihre Nester oder gar Umsiedlungen bedürfen daher einer Ausnahmegenehmigung und dürfen nur von fachkundigen Experten durchgeführt werden. Mehr Informationen und Expertenhilfe zum Thema Umsiedlungen von Hummelnestern findest du hier:

Vespacrabro-NWM.de – Fachberater für Hornissen- und Hummelschutz in Nordwestmecklenburg

Typisch für die Hummeln ist der oft dicklich erscheinende, flauschige Hinterleib, der nicht selten eine auffällige Färbung aufweist. Anhand der Färbung lassen sich die verschiedenen Hummelarten oft einfach auseinander halten. Der flauschige Pelz besteht jedoch nicht aus Haaren, wie bei den Säugetieren (Säugerhaar), sondern aus in der Biologie als Borsten bezeichneten haarähnlichen Strukturen. Der Unterschied: Haare bestehen aus Kreatin und finden sich bei Säugetieren, Borsten hingegen bestehen aus Chitin und werden beispielsweise von Insekten und Spinnen gebildet. Dieser Unterschied ändert aber nichts daran, dass Hummel-Hintern flauschig sind und sich beim Streicheln ganz weich und kuschelig anfühlen.

Gartenhummel (Bombus hortorum). Foto von Ivar Leidus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50436965

 

Verschiedene Hummelarten bestimmen

Die in Deutschland am häufigsten zu beobachtenden Arten sind die Gartenhummel (Bombus hortorum), die Hellgelbe Erdhummel (Bombus lucorum) sowie die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris). Die Gartenhummel ist schwarz, mit drei gelben Streifen und einem weißen Hinterteil. Die Erdhummeln hingegen haben nur 2 gelbe Streifen und ein weißes Hinterteil. Die Hellgelbe Erdhummel und die Dunkle Erdhummel sind jedoch für den Laien nur schwer auseinander zu halten.

Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris). Foto von Ivar Leidus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49951040

Neben diesen drei sehr häufigen Arten gibt es noch drei weitere ebenfalls häufig vorkommende Hummelarten in Deutschland:

Hat die Hummel ein weißes Hinterteil, jedoch keine gelben Streifen, sondern eine rotbraune Brust, so handelt es sich um eine Baumhummel (Bombus hypnorum). 

Männliche Baumhummel (Bombus hypnorum). Foto von André Karwath aka Aka – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=234074

Ist das Hinterteil nicht weiß, sondern orange, so handelt es sich entweder um eine Wiesenhummel (Bombus pratorum) oder eine Steinhummel (Bombus lapidarius). Die Wiesenhummel besitzt zudem zwei gelbe Streifen, die Steinhummel ist hingegen ansonsten einfarbig schwarz.

Steinhummel (Bombus lapidarius). Foto von Ivar Leidus – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=55282665

Diese Bestimmungshilfe ermöglicht es uns, die 6 häufigsten Hummelarten Deutschlands leicht zu bestimmen.

Können Hummeln eigentlich gar nicht fliegen? 

Ein Mythos, der sich im Volksglauben hält, ist, dass Hummeln eigentlich gar nicht fliegen können dürften. Ihre Flugfähigkeit sei physikalisch unmöglich. Der Körper sei viel zu groß und zu schwer, als dass er von den winzigen Flügeln getragen werden könne, so heißt es im Volksmund. Dies ist natürlich vollkommener Blödsinn. Physikalische Gesetze gelten universal und machen auch für niedliche dicke Hummeln keine Ausnahme. Die Flugfähigkeit von Hummeln hält sich an alle Gesetze der Aeronautik und operiert ohne Zweifel im Rahmen der allgemeinen physikalischen Möglichkeiten. Woher dieser Irrglaube kommt, und warum er sich so hartnäckig hält, obwohl jedem klar sein müsste, dass dies gar nicht stimmen kann, bleibt jedoch unklar.

Wiesenhummel (Bombus pratorum). Foto von Ivar leidus, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Der Unterschied zwischen Bienen und Hummeln

Hummeln gehören zwar zur Familie der echten Bienen (Apidae) bilden jedoch eine eigene Gattung (Bombus). Sie sind daher nahe mit den Honig- und Wildbienenarten verwandt, bilden aber ihren ganz eigenen Artenreichtum. Dennoch finden sich viele Gemeinsamkeiten.

Die allermeisten Hummelarten bilden wie auch die Honigbienen Staaten. Genau wie bei den Honigbienen teilt sich auch ein Hummelvolk in Königin, Arbeiterinnen und Drohnen. Hummelvölker sind jedoch in Mittel- und Nordeuropa stets einjährig und erreichen eine weitaus geringere Größe. Honigbienenvölker können bis zu 100.000 Individuen beherbergen. Hummelnester hingegen erreiche nur in Ausnahmefällen mehr als 500 Tiere. Die meisten von ihnen beherbergen sogar nur 25 – 100 Tiere. Ansonsten ähnelt die Lebensweise der Hummeln den der Honigbienen sehr. Die adulten Tiere ernähren sich von zuckerhaltigen Pflanzennektaren, der durch körpereigene Prozesse in Honig umgewandelt wird. Der Nachwuchs wird mit einer Mischung aus fermentiertem Pollenbrei (Perga) und Honig gefüttert. Hummeln bauen ihre Nester ebenfalls aus körpereigenem Wachs. Sie bauen jedoch keine vertikalen Waben, sondern kleine Wachstöpfchen, in denen der Honig gelagert und die jungen Hummeln erbrütet werden. Theoretisch kann man auch Hummelhonig ernten, indem man die Honigtöpfchen aus den Nestern entfernt und auspresst. Die Ausbeute pro Hummelvolk ist jedoch so gering, dass dies wirtschaftlich nicht interessant ist. Ebenso verbieten Artenschutzgesetze dieses.

Hummlen sind wichtige Bestäuber 

Hummelvölker werden aber als wichtige Bestäuber in der Landwirtschaft genutzt, wo kommerzielle Anbieter Hummelvölker für Bestäubungen zur Verfügung stellen. Aufgrund der geringen Größe der Hummelvölker eigenen sich diese wunderbar, um auch in geschlossenen Gewächshäusern angesiedelt werden zu können. So stellen künstlich angesiedelte Hummelvölker beim Tomatenanbau eine essentielle Rolle.

Neben den Bienen gehören auch die Hummeln zu den wichtigsten Bestäubern im europäischen Pflanzenreich. Im Gegensatz zu den Bienen, die eine Außentemperatur von etwa 12 °C benötigen, um ausfliegen zu können, sind Hummeln aufgrund ihrer Körpergröße in der Lage, die zum Fliegen benötigte Wärme selbst zu produzieren. Sie können daher schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen ausfliegen. Hummelköniginnen sind daher schon bei Temperaturen ab 2 ° C am Fliegen. Die etwas kleineren Arbeiterinnen beginnen ihre Flüge ab ca. 6 ° C. Die meisten Hummelarten haben zudem längere Rüssel als Honigbienen, wodurch sie auch Blüten besuchen können, deren Nektar für Bienen unerreichbar ist. So werden zum Beispiel die Taubnesseln ausschließlich von langrüsseligen Hummeln bestäubt. Darüber hinaus spielen Hummeln aber auch bei der Bestäubung vieler anderer Pflanzenarten eine wichtige Rolle. Darunter auch zahlreiche Gemüse- und Obstsorten.

Im Gegensatz zu den Honigbienen fliegen Hummeln auch bei Regen aus. Auch wenn die meisten Blüten bei Regen geschlossen sind, und es somit deutlich weniger Nahrungsangebot bei nassem Wetter gibt, können die Hummeln mit ihren begrenzten Nahrungsvorräten keine Pause in der Sammeltätigkeit riskieren. Die zurückgelegte Flugdistanz pro Ausflug ist bei Hummeln geringer als bei den Honigbienen. Die Bienen fliegen regelmäßig bis zu 3 Km weit, um Nahrungsquellen zu besuchen und können in Ausnahmefällen sogar bis zu 10 Km weit fliegen. Hummeln hingegen beschränken sich bei ihren Ausflügen auf Entfernungen zwischen 180 Metern und 1250 Metern. Kleinere Hummelarten fliegen in der Regel deutlich kürzere Strecken als die großen Verwandten.

Hummeln fliegen an warmen Tagen bis zu 18 Stunden am Tag aus und eine einzelne Arbeiterin besucht dabei bis zu 1000 verschiedene Blüten. Es werden dabei Blüten verschiedener Pflanzenarten besucht. Honigbienen hingegen sind blütenstet. Sie besuchen pro Ausflug nur Blüten einer einzelnen Art. Das macht die Bienen zu erfolgreicheren Bestäubern.

 

Der Lebenszyklus von staatenbildenden Hummeln

Nach dem Winter gründen die im Vorjahr begatten Jungköniginnen nach dem Erwachen aus ihrer Winterruhe ein neues Volk. Zunächst suchen sie einen geeigneten Nistplatz, welcher je nach Art unterschiedlich ausfallen kann. Erdhummeln zum Beispiel nisten gerne in kleinen Erdhöhlen, verlassenen Mäusenestern oder anderen erdnahen Hohlräumen. Baumhummeln hingegen bevorzugen hohle Baumstämme oder Vogelnester. Andere Arten nutzen Ansammlungen von Moos oder Steinhaufen und Mauerritzen. 

Hummelnest. Foto von Phelnyan Sanjoin, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0

Die Königinnen beginnen nun damit, das Nest aus selbst produziertem Wachs zu bauen und Nektar und Pollen zu sammeln, welcher zu Honig und Bienenbrot verarbeitet und in den Nestern eingelagert wird. Die Königin legt die ersten Eier in die Wachszellen und brütet diese aus. Während dieser ersten Zeit ist die Königin allein für die Sammelflüge und das Ausbrüten verantwortlich. Damit das Nest nicht zu sehr auskühlt, darf die Königin jeweils nur kurze Zeit ausfliegen. Sobald die ersten Arbeiterinnen geschlüpft und flugbereit sind, verbleibt die Königin für den Rest ihres Lebens im Nest. Die Arbeiterinnen, welche jeweils nur drei bis vier Wochen leben, übernehmen indessen die Sammelflüge und helfen zudem beim Wärmen des Nestes und Füttern der jungen Larven. Die Königin kann sich auf das Eierlegen und Warmhalten des Nestes konzentrieren. Das Nest wird dabei auf einer Temperatur von bis zu 38 ° C gehalten. Bis zum Ende der Hummelsaison werden so stetig neue Arbeiterinnen erbrütet und das Hummelvolk wächst heran.

Etwa Mitte Juli beginnt jedoch eine Veränderung im Hummelvolk, da es sich nun auf das Ende seiner Saison vorbereitet und anfängt, die neuen Jungköniginnen und Drohnen zu erbrüten. Bis zu diesem Zeitpunkt sondert die Königinnen ein Pheromon aus, welches dafür sogt, dass sich aus den Larven nur Arbeiterinnen entwickeln. Fehlt jedoch ab diesem Zeitpunkt dieses Pheromon, entwickeln sich aus allen weiteren weiblichen Larven die furchtbaren Jungköniginnen. Neue Arbeiterinnen werden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr großgezogen. Ebenso werden jetzt auch die männlichen Drohnen großgezogen. Pro Hummelvolk können bis zu 100 Jungköniginnen und Drohnen heranwachsen. Nachdem diese Tiere nach dem Schlupf einige Tage im Nest verbleiben, sind sie flugfähig und fliegen aus. Die alte Königin und die letzten Arbeiterinnen verbleiben im Nest. Die letzten der kurzlebigen Arbeiterinnen, welche die fruchtbaren Drohnen und Jungköniginnen aufgezogen haben, sterben allmählich ab. Da jetzt keine neuen Vorräte mehr eingetragen werden, sterben die alte Königin und die letzten Arbeiterinnen, sobald der Nahrungsvorrat im Nest aufgebraucht ist. Dies ist etwa Mitte September so weit.

Die Jungköniginnen werden während der Paarungszeit im Sommer von Drohnen aus anderen Völkern begattet und suchen sich dann in der Regel unmittelbar nach der Begattung einen geschützten Platz zum Überwintern. Dies sind typischerweise Maulwurfshügel oder Komposthaufen. Eine Jungkönigin wird dabei meist nur von einer einzelnen Drohne begattet. Eine einzelne Drohne ist jedoch in der Lage mehrere Jungköniginnen zu begatten. Die Drohnen fliegen zudem selbst Blüten an, um sich mit Nektar zu versorgen. Aus diesem Grund kann man die Drohnen häufiger zu Gesicht bekommen, als die Jungköniginnen. Nach dem Ende der Paarungszeit sterben die Drohnen. Die Paarungszeit geht typischerweise von Ende Juli bis Ende August. Spätestens ab September sind die alten Nester abgestorben und die begatteten Jungköniginnen bereits in ihren Überwinterungsplätzen versteckt. Die Hummel-Saison ist damit für das Jahr beendet. Es lassen sich also so spät im Jahr keine Hummeln mehr als Bestäuber an den letzten Blüten auffinden.

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Text: Fabian Kalis

Presshonig ist ein besonderer Honig, den man heutzutage nur noch selten in einigen naturnah arbeitenden Imkereien bekommen kann. Die ursprünglichste Form Honig zu konsumieren ist es, ihn direkt mit Wabe zu essen. So machen es honigliebende Tiere, so machten es die frühen Menschen und so machen es auch heute noch viele Naturvölker. Aber auch die Feinschmecker, die einen besonders natürlichen Honiggenuss lieben, schätzen bis heute einen unverarbeiteten Wabenhonig.  Presshonig ist dahingegen die älteste Form eines von den Bienenwachsbestandteilen getrennten Honigs. Nicht jeder schätzt den Geschmack von Wabenanteilen im Honig und das für uns Menschen unverdauliche Bienenwachs kann zwar mitgegessen werden, bietet uns jedoch keinen Nährwert. Einen flüssigen Honig kann man zudem besser in die unterschiedlichsten Gefäße abfüllen und somit besser lagern.

Zur Gewinnung von Presshonig werden die Honigwaben einfach zerquetscht und ausgepresst. So läuft das flüssige Gold aus den Wabenzellen heraus und kann vom Wachs separiert werden. Am einfachsten geht dies mit den bloßen Händen. In händischer Arbeit können die Waben ausgepresst und der herunterlaufende Honig mit einer Schüssel aufgefangen werden. So wurde es die längste Zeit der Menschheit gemacht. Noch heute nutzen viele Naturvölker diese Methode der Honiggewinnung.

In moderneren Kulturen nutzte man später hingegen spezielle Honigpressen aus Holz. Mit mechanischer Hebelwirkung kann hier mit großer Kraft eine große Menge Honig auf einmal ausgepresst werden. Diese Methode der Honiggewinnung nutzten die Menschen über viele Jahrhunderte bis zur Erfindung der modernen Honigschleuder in der Neuzeit.

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Die moderne Honigschleuder wurde Mitte des 19ten Jahrhunderts erfunden und ermöglichte es in Verbindung mit der ebenfalls neuen Magazinimkerei erstmals, dass geerntete Honigwaben nach der Ernte wieder in das Volk zurückgegeben werden konnten. Die Waben, die in speziellen Holzrähmchen sitzen, können so ohne Schaden zu nehmen aus dem Magazin mit dem Bienenvolk entfernt werden. Durch das Ausschleudern wird der Honig aus den zuvor entdeckelten Zellen herausgeschleudert, ohne dass die Wabe selbst dabei zerstört wird. Nach dem Schleudern können die nun leeren Waben wieder in das Volk gehängt werden, wo sie erneut benutzt werden können. Dies erspart den Bienen das Bauen von neuem Wabenwerk nach der Honigernte. Dadruch verbraucht das Bienenvolk selbst weniger Ressourcen und kann mehr Honig produzieren. Diese Neuerung sorgte verständlicherweise schnell für einen großen Wandel in der Imkerei. Diese neue Form des Imkerns ermöglichte größere Honigerträge bei einem verminderten Arbeitsaufwand. Kein Wunder also, dass zumindest in der westlichen Welt und anderen entwickelten Industrienationen die moderne Magazinimkerei die ursprünglichen Formen der Bienenhaltung verdrängte. Mit dieser Veränderung wurde das Pressen der Waben zur Honiggewinnung obsolet und geriet langsam in Vergessenheit.

Eine Ausnahme bildete jedoch lange Zeit der Heidehonig. Dieser besondere Honig kann aufgrund seiner speziellen Konsistenz nicht mit herkömmlichen Methoden geschleudert werden. Er sitzt so fest in den Wabenzellen, dass die Kräfte, die es zum Herauslösen braucht, auch die Waben zerstören würde. Aus diesem Grund wurde der Heidehonig auch noch lange nach Erfindung der Honigschleuder traditionell durch Auspressen mit speziellen Honigpressen gewonnen. Besonders in der Lüneburger Heideimkerei, wo es bis heute einige Imker gibt, die die traditionellen Bienenkörbe nutzen, kennt man noch um die alten Methoden. Mittlerweile hat die moderne Technik jedoch auch für dieses Problem eine Lösung gefunden und mit einer entsprechenden Vorbearbeitung der Waben können nun auch Heidehonigwaben ausgeschleudert werden. Ertragssteigerung und modernste Agrarindustrie haben als indessen auch in der traditionsreichen Heideimkerei Einzug gehalten. Der traditionelle Presshonig geriet dadurch endgültig in Vergessenheit.

Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer. Mehr und mehr Imker der neuen Generation streben eine naturnahe & wesensgemäße Form der Bienenhaltung an und besinnen sich dabei vermehrt auf alte Ideen und traditionelles Imkerhandwerk. So feiert auch der Presshonig ein Comeback und ist wieder in einigen besonderen Imkerein zu finden. Denn für viele bedeutet naturnahe Bienenhaltung auch ein Verzicht auf unnötige und unnatürliche moderne Imkereitechnik. Die Bienen werden in traditionellen und über Jahrhunderte und Jahrtausende bewährten Behausungen gehalten und dürfen dort ihre Waben frei und ungehindert bauen. Die Waben müssen hier aber zur Ernte herausgeschnitten werden und können aufgrund der fehlenden stützenden Holzstruktur der modernen Rähmchen nicht ausgeschleudert werden. Das Auspressen bleibt hier also die einzige Möglichkeit der Honiggewinnung.

Auch im Hinblick auf ein artgerechtes und natürliches Bienenleben ist diese Form der Honigernte deutlich näher an der Natur orientiert. Räubert ein wildes Tier ein Bienenvolk aus, so hängt es hinterher ja auch nicht die ausgeschleckten leeren Waben wieder zurück ins Volk. Und Honigdiebe, ganz gleich, ob Mensch oder Tier sind nun mal ein natürlicher Aspekt im Leben der Bienen. Damit haben sie gelernt, umzugehen.

Was unterscheidet Presshonig vom geschleuderten Honig?

Presshonig wird im Gegensatz zu geschleudertem Honig also durch Auspressen der Waben gewonnen. Der so gewonnene Honig unterscheidet sich sowohl in Geschmack als auch in Konsistenz und Inhaltsstoffen von Honig, der durch das Ausschleudern der Waben gewonnen wurde. Der Grund: Presshonig enthält durchschnittlich mehr Pollenbestandteile, da diese beim Auspressen der Waben vermehrt in den Honig gelangen. Dadurch hat Presshonig einen herberen Geschmack, aber auch einen höheren Protein- und Fettgehalt. Ebenso hat Presshonig bei der Gewinnung weniger Luftkontakt als Schleuderhonig, der beim Schleudern in kleinsten Tröpfchen aus den Wabenzellen fliegt. Dies hat zur Folge, dass im Presshonig weniger Oxidationsprozesse den Geschmack des Honigs beeinflussen.

Die Ernte von Presshonig verbraucht mehr Ressourcen im Bienenvolk, da diese ihre Waben nach der Ernte von Grund auf neu bauen müssen. Die Bienen produzieren dadurch weniger Honig und es kann auch weniger Honig geerntet werden, damit nicht zu viel von dem Wabenwerk der Bienen zerstört wird. Und natürlich geht bei der Presshonigernte alles nur in Handarbeit. Der Zeit und Arbeitsaufwand in Relation zur geernteten Honigmenge ist bei der Presshonigernte um einiges größer als bei der modernen Magazinimkerei.

All dies macht Presshonig zu einer ganz besonderen Delikatesse, bei der traditionelles Imkerhandwerk und natürlichster Honiggeschmack aufeinander treffen. Dies spiegelt sich natürlich auch im deutlich höheren Preis wider. Ein Gläschen Presshonig ist aber jeden Cent wert.

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Text: Fabian Kalis

Neben dem leckeren Honig erfreuen sich auch die anderen Erzeugnisse aus dem Bienenstock großer Beliebtheit. Als Naturheilmittel oder natürliche Nahrungsergänzung nutzt man Propolis, Pollen & Co schon lange in volkstümlichen Anwendungen. Ein weiteres Produkt aus der Bienenwelt ist das sagenumwobene Gelee Royale.

Eine majestätische Bienenkönigin (in der Mitte des Bildes), umringt von ihren Arbeiterbienen.  Hunderte von Ihnen müssen ihr Leben lassen für ein einzelnes Gläschen Gelee Royale. Foto: Matthew Greger, pixabay.com

Nicht nur in hochpreisiger Kosmetik findet es eine werbewirksame Verwendung, auch in der Alternativmedizin schwören viele auf diesen besonderen Stoff der Bienen. Unzählige Heilwirkungen spricht man dem Wunderstoff zu. Er soll ein Jungbrunnen für Haut, Körper und Kreislauf sein und neue Lebenskraft in geschwächte und ausgebrannte Leiber bringen. Ja, sogar als Heilmittel gegen Krebs wird er gelegentlich angepriesen. Welche Wirkungen hierbei empirisch nachgewiesen werden können und welche mehr aus alternativmedizinischem Wunschdenken herrühren, ist häufig jedoch fraglich. Nichtsdestoweniger werde ich als Imker häufig gefragt, ob ich auch Gelee Royale verkaufe. Der Bedarf an dem vermeintlichen Wunderstoff aus dem Bienenvolk ist groß.

Die Antwort auf diese Frage ist jedoch ein klares Nein. Ich ernte in meiner eigenen Imkerei kein Gelee Royale und ich verkaufe dieses Bienenprodukt auch nicht. Und das aus Überzeugung. Das Ganze hat jedoch nichts damit zu tun, dass Ernte und Verarbeitung von Gelee Royale sehr aufwendig und teuer sind, vielmehr sind es ethische Gründe, die mich davon abhalten. Denn eines ist für mich klar: Die Ernte von Gelee Royale ist ein Massaker an den Bienen und lässt sich nicht mit einer artgerechten, naturnahen oder wesensgemäßen Bienenhaltung vereinen. Es ist ein Akt der Tierquälerei und Verachtung des Lebens.

Weiselfuttersaft, wie Gelee Royale auf Deutsch eigentlich heißt, ist ein nahrhafter Futtersaft, den Arbeiterbienen in speziellen Futtersaftdrüsen selbst produzieren. Mit diesem Saft werden die Larven der Jungköniginnen gefüttert. Er ist es, der darüber entscheidet, ob aus einer Larve eine unfruchtbare, einfache Arbeiterin oder eine majestätische Bienenkönigin heranwächst. Nur die Larven, die ausreichend Weiselfuttersaft erhalten, entwickeln sich zu neuen Jungköniginnen, den einzig voll entwickelten Weibchen im Bienenstock. Die Larven der Jungköniginnen werden bis zu ihrer Metamorphose zu adulten Tieren mit dem besonderen Stoff gefüttert. In den verdeckelten Wabenzellen schwimmen sie sozusagen in einem Vorrat aus Gelee Royale. Arbeiterlarven hingegen werden lediglich für kurze Zeit am Anfang ihrer Entwicklung mit dem kostbaren Gut gefüttert. Sie erhalten anschließend nur noch ein Gemisch aus Perga (fermentierten Pollen) und Honig.

Mit Pollen (links) und Eiern & Larven (rechts) gefüllte Wabenzellen. Foto: xiSerge, pixabay.com

Gelee Royale ist also ein Naturstoff, der es vermag aus einfachen Arbeiterinnen wahre Königinnen zu machen. Kein Wunder, dass er so begehrt ist. Wer will da nicht etwas von abhaben? Dabei ist auch der Name von Bedeutung. Das deutsche Wort Weiselfuttersaft haben die wenigsten schon einmal gehört. Kaum einer weiß damit etwas anzufangen. Das französische Wort Gelee Royale verkauft sich hingegen gut, denn es klingt viel erhabener und hochwertiger als der deutsche Name. Auch wenn kaum einer weiß, was Gelee Royale eigentlich ist, so lässt die Bezeichnung keinen Zweifel daran, dass es etwas ist, was für Königinnen und Könige bestimmt ist. Und das muss gut sein.

Mit Larven und Gelee Royale gefüllte natürliche Königinnenzellen. Foto: 용한 배, pixabay.com

Doch wie gelangt der spezielle Futtersaft, der für den heranwachsenden Bienen-Nachwuchs gedacht ist, in die Hände der menschlichen Verbraucher? Die Antwort hierauf ist einfach: Abtreibung. Um den Weiselfuttersaft ernten zu können, müssen die Baby-Bienen (Larven) aus den Zellen entfernt werden. Sie werden dabei ihrer einer Gebärmutter ähnelnden, schützenden Zelle entrissen und sterben innerhalb kürzester Zeit, denn außerhalb der schützenden Wabenzelle und ohne den nahrhaften Futtervorrat unterkühlen und verhungern die Larven. Ein Verlust, der für den Imker keine Rolle spielt, denn die Larven haben ihre Aufgabe erfüllt. Der gewünschte Futtersaft ist nun in den Zellen und kann geerntet werden.

Doch in so einer Wabenzelle ist nicht sehr viel Futtersaft vorhanden. Pro abgetriebener Jungkönigin können nur wenige Milliliter Gelee Royale geerntet werden. Hinzu kommt, dass Gelee Royale nur mit teuren, spezialisierten Geräten geerntet werden kann und nach der Ernte kühl gelagert oder gefriertrocknet werden muss. Die Ernte dieses Stoffes ist also mit hohen Unkosten und viel Arbeit für den Imker verbunden. Und wie rentiert sich das ganze, wenn man nur winzigste Mengen pro Abtreibung ernten kann? Ganz einfach: Massenabtreibung.

Natürliche, zerstörte Brutzellen mit Bienenlarven (Mitte, unten). Foto: xiSerge, pixabay.com

Die Imker regen die Bienenvölker dabei künstlich an, eine unnatürliche Vielzahl an Jungköniginnen großzuziehen. Nachdem die alte Bienenkönigin aus dem Bienenstock entfernt (in der Regel wird diese abgetötet) wurde (was zu immensem Stress bei den Bienen führt), werden Rähmchen mit künstlichen Königinnenzellen in den Stock gegeben. In diese Zellen setzt der Imker vorher jeweils eine Larve, die er aus den Zellen im Brutnest des Volkes entnehmen kann. Die Arbeiterbienen aus dem Bienenvolk beginnen nun in einem Notfallprogramm (der Verlust der Königin bedeutet im schlimmsten Fall den Tod für das ganze Volk) die neuen Jungköniginnen in den künstlichen Wabenzellen zu versorgen und heranzuziehen, damit sie so schnell wie möglich wieder eine neue Königin im Volk haben. Normalerweise machen die Bienen dies bei einem natürlichen Königinnenverlust nur mit einer Handvoll Wabenzellen. Mit dieser künstlichen Methode können pro Volk aber hunderte an Königinnenlarven gleichzeitig herangezogen werden.

Natürliche Königinnenzelle auf einer Honigwabe (Mitte, oben). Foto: PollyDot, pixabay.com

Sind die Zellen am Höhepunkt ihrer Fülllhöhe angekommen, wird geerntet. „Ernte“ ist dabei ein Euphemismus für Massenmord oder Massenabtreibung. Hunderte Jungköniginnen werden jetzt in aufwendiger Handarbeit abgetrieben. Die von den unnötigen Baby-Bienen befreiten Zellen können indessen mit einem Spezialsauger entleert werden. Pro Volk können jedoch auch mit dieser Methode der Massenabtreibung nur etwa 500 g des begehrten Stoffes pro Jahr geerntet werden. Dies erklärt den hohen Preis des beliebten Produktes.

Das so geerntete Gelee Royale muss dann direkt kühl gelagert werden, damit es nicht verdirbt. Häufig wird es gefriergetrocknet, um es haltbar zu mache. Die Opfer dieser Massenabtreibung werden nicht weiter beachtet. Sie können einfach zum Sterben auf den Boden neben den Bienenkästen geworfen werden. Zum Glück sind die Larven so winzig, dass man Mühe hat, sie mit dem bloßen Auge zu erkennen. Und niedliche runde Äuglein, wie sie bei Säugetieren üblich sind, haben sie auch nicht. Es ist also leicht, die wahre Natur dieser fragwürdigen Anwendung aus den Augen zu lassen.

Das Ergebnis dieser Massenabtreibung kann nun in Gläser abgefüllt und hochpreisig vermarktet werden. Kunden gibt es genug. Denn, wenn es um (vermeintliche) Heilkräfte geht, dann ist es auch egal, wenn dafür ein eine Massenabtreibung durchgeführt werden muss. Wenn Du also das nächste Mal ein Kosmetikprodukt mit Gelee Royale kaufen möchtest, denke doch vorher einmal darüber nach, wie viele Abtreibungen Dir eine schöne Haut wert ist.

Text: Fabian Kalis